Bolivien hoch, höher am höchsten - Die fantastische Reise des Froschs

Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü:

Bolivien hoch, höher am höchsten

Reisenotizen > Bolivien


Bolivien - hoch, höher, am höchsten


Bolivien, das Land der farbenfrohen Märkte, der Indiofrauen mit vielschichtigen Röcken und Melonenhüten, der grossen Lamaherden und dem himmelhohen Altiplano. Ein armes Land, das ärmste des Kontinents in dem viel Mais und Kartoffeln gegessen werden. Ein Land mit dem weltgrössten Salzsee, dem Salar de Uyuni.

Kathrin hat mir  erzählt, dass sie dies im Reiseführer gelesen habe. Egal in welcher Ausgabe, ob in Englisch oder Deutsch, Lonely Planet, Reise-know-how, Footprint oder Baedecker, in allen liesst man in etwa von den selben „Geheimtipps“!
Die meistbesuchte Gegend ist wohl der grosse Salzsee bei Uyuni und die farbigen Lagunen die südlich vom See liegen. Drei- bis Viertagestouren in 4x4 Fahrzeugen werden zuhauf angeboten. Vor 20 Jahren haben Kathrin und Andreas selber an solch einer Tour teilgenommen. Nun hadern sie, ob sie nochmals zum Salzsee fahren oder diesen, da inzwischen noch viel touristischer als damals, einfach links liegen lassen sollen.


Der Landcruiser unter dem Messer
Wie ich schon im Perubericht erwähnt habe, war jedoch unser erstes Ziel La Paz um unser Auto in der Garage von Ernesto Hug überholen zu lassen. Andreas war sehr beeindruckt von der Sauberkeit und der Professionalität dieser Werkstätte. Die Mechaniker tragen saubere Arbeitskleider, das Werkzeug ist fein säuberlich auf Rollwagen gepackt, der Boden ist betoniert und wird jeden Tag gewischt, es gibt Schutzbrillen und die Mitarbeiter sind ausgebildet. Ernesto inspiziert unseren Landcruiser, hört sich an welche Probleme wir haben (neue Bremsbeläge, Handbremse justieren, Schmieren, Stossdämpfercheck) und sagt gleich: Dies und Das käme noch auf uns zu, eine Woche Arbeit, Kosten: US$ 3000.00. Andreas zweifelt erst an seiner Aussage, ist unsere Reparaturliste doch relativ kurz. Doch dann beginnen die Mechaniker das Auto auseinander zu nehmen. Nach einem halben Tag steht unser Landcruiser radlos auf sechs Stützen und sieht ziemlich nackt aus. Und nun stellt sich heraus, Ernesto hatte Recht, Bremsbeläge erneuern reicht nicht, es müssen auch die vorderen Scheiben ersetzt werden. Und wenn schon alles frei gelegt ist, ersetzt man auch gleich alle Radlager. Der Lenkungsstossdämpfer ist hinüber, die Handbremse ist nicht mehr nachzuziehen, der ganze Strang wird ausgebaut und ersetzt, und die Kurbelwelle wird demontiert, da ein Kreuzgelenk kaputt ist. 
Für mich Tümpelbewohner ist das Kauderwelsch, aber Andreas weiss was gemeint ist und gibt bei allem sein Ok. Und schlussendlich sind wir tatsächlich fünf Tage in der Garage und werden US$ 3000.00 los. Das schlägt ein Riesenloch in unsere Reisekasse! Aber Andreas ist zuversichtlich, dass wir nun ein gut revidiertes Auto für die nächsten zig tausend Kilometer haben.

Das Problem mit dem Russen und dem Kraftverlust allerdings ist noch nicht gelöst, Ernesto ist kein Dieselmotorspezialist. Weitere zwei Tage verbringen wir also in der Garage „Diesel La Paz“, welche typisch bolivianisch ist: Ein schmutziger Hinterhof mit Erdboden, Ölpfützen und phantastischem Chaos. Aber die Mechaniker verstehen ihr Handwerk und nach einigem Putzen und Schrauben stellen sie den Motor auf die hiesige Höhe über Meer ein und nun stimmt das Luft/Diesel-Gemisch und der Motor erhält seine Kraft zurück und russt nicht mehr.


Aus luftiger Höhe
Andreas und Kathrin haben genügend Zeit sich La Paz anzuschauen. Schön finden sie die Stadt nicht. Die alten Gebäude sind renovationsbedürftig und die neueren, na ja, die sind eben stil- und planlos dazwischen gebaut worden. Die Luft ist durch die Abgase der Autos und Lastwagen, die sich die extrem steilen Strassen hoch rackern verpestet. Aber faszinierend ist diese Millionenstadt auf 4000 Metern Höhe allemal. Sie liegt in einem immens grossen Talkessel dessen Flanken stark erodiert sind und skurrile Türmchen und Formationen aufweisen. 900 Höhenmeter liegen zwischen dem Talboden und der Oberkante des Kessels. Im Hintergrund erheben sich vergletscherte Bergriesen mit weit über 6000 Meter Höhe. Eine grandiose Kulisse!
Mit einer Seilbahn von Europäischer Qualität (Doppelmayer/Caraventa) kann man durch den Talkessel gondeln. Aus luftiger Höhe sehen wir runter in die Strassenschluchten, in Hinterhöfe, auf Terrassen und in die grossen Gärten der wenigen Luxusvillen. Schnell und leise legt man Distanzen zurück, für die der Bus ewig braucht.

Und schon wieder sind Kathrin und Andreas unter Zeitdruck. Nicht wie in Peru wegen der auslaufenden Aufenthaltsbewilligung, sondern aus hausgemachten Gründen. Wir haben nun Ende Oktober und Anfangs Dezember wollen die zwei in Iguazú sein, um von dort aus - für ihren alljährlichen geschäftlichen Aufenthalt - in die Schweiz zu fliegen. 
Für das Tiefland und das Amazonasbecken sind wir drei eh schon etwas zu spät dran, die Regenzeit naht in Riesenschritten und so werden wir uns auf das Altiplano beschränken. Vielleicht haben wir auf unserer Rückreise gen Norden Zeit, um die tieferen Regionen Boliviens, die einen grossen Teil des Landes ausmachen, zu erkunden

Das Altiplano auf Nebenstrassen
Andreas stellt uns mit Hilfe seiner Navigationskünste eine Route zusammen, welche uns schon etwas südlich von La Paz von der Hauptverkehrsader wegbringt. Wir fahren in den Westen des Landes, nahe zur chilenischen Grenze und dann auf kleinen Nebenstrassen und Pisten gen Süden bis wir ans Nordufer des Salar de Uyuni gelangen. Auf dem Weg besuchen wir als erstes den Sajama Nationalpark. Rund um den Vulkan Sajama, welchen wir schon aus 150 Kilometer Entfernung als perfekten Kegel am Horizont ausmachen können, führt eine Piste an der mehrere kleine Weiler liegen. Jeder Weiler hat sein Kirchlein und die Hausdächer sind mit Gras gedeckt, noch richtig urtümlich. Heisse Quellen, blubbernde Geysire und Lamaherden runden das Programm ab.
Nun wird es richtig einsam, wir kreuzen kaum mehr Siedlungen, eher noch einzelne Höfe, meist aber finden wir bei den Ortsnamen auf der Karte keine Häuser vor.

Andreas hat gut vorgesorgt mit Diesel, Wasser und Lebensmittel und wir geniessen die raue, weite Landschaft. Die Gegend ist sehr trocken. Zu unserer rechten Seite erheben sich die Gipfel der Anden von welchen einige schneebedeckt sind und andere die Form von Vulkanen haben. Am Fusse dieser Berge haben Völker aus der Vorinkazeit ihre Toten begraben, damit diese nahe der Götterwelt seien. Übrig geblieben sind einige Grabtürme aus Lehmziegeln. Mit roter oder weisser Farbe bemalt, in Gruppen angeordnet, ragen die einfachen viereckigen Gemäuer gen blauen Himmel. Ab und zu kreuzen wir einen Fluss oder ein Sanddünenfeld, das bringt etwas Abwechslung in die Monotonie des Fahrens. Eines Morgens steuern wir durch ein Gebiet mit kleinen Rundhütten mit konischen Dächern. Kathrins erster Gedanke: es sieht hier aus wie in Afrika. Die Hütten passen so gar nicht hier her. Und leider haben wir viel zu wenig Informationen über Land und Leute. Zu gerne wüssten wir, was es mit der Architektur dieser ausgefallenen Hütten auf sich hat. Die Reiseführer haben heutzutage viel weniger Hintergrundinformationen als früher. Oder erscheint das Kathrin nur so?


Salz in rauen Mengen
Als wir den Salar de Uyuni vor uns liegen sehen - diese immens grosse, weisse Fläche, ein Viertel so gross wie die Schweiz - bestätigt sich für Kathrin und Andreas, dass es richtig war, nochmals hierher zu kommen. Auf der Tour damals hatten die Zwei zu wenig Zeit, sich den Salzsee richtig anzusehen. Nun mit dem eigenen Auto ist das anders. Wir kurven anderthalb Tage auf dem Salz herum. Wir schauen uns die Inseln mit den Kakteen drauf an. Mehrere Meter hoch werden diese Sukulenten, sie haben Äste die wie Arme aussehen und einige tragen grosse gelbe Blüten.
Wir fahren dem Ufer entlang, finden Stellen wo Salzblöcke abgebaut werden um damit Häuser zu bauen und auch Orte wo Salz zu Speisezwecken gewonnen wird.
Die Oberfläche des Salzsees ist meist so glatt und glänzend, dass es einen blendet trotz Sonnenbrille. Andernorts wölben sich salzige Wülste bis zu 6 cm hoch. Wie Strassen führen Spuren über den Salzsee, verirren kann man sich also nicht. Trotzdem ist es ein seltsames Gefühl, wenn man mitten auf dem See ist und ringsum kaum mehr das Ufer sieht. In der Ferne scheinen die Inseln zu schweben, eine Sinnestäuschung natürlich, trotzdem etwas unheimlich.

Durch die Cordillera de Lipez
In der Hochsaison starten täglich etwa 30 Touren auf den Salar de Uyuni, die meisten fahren weiter zu den Lagunen im südlichen Lipez Gebirge. Alle haben sie die gleiche Route und so stossen wir an manchen Stellen auf Horden von Touristen. Da Kathrin und Andreas aber viel langsamer unterwegs sind als die Touren, finden sie wunderschöne einsame Lagunen zum Verweilen. Die Landschaft ist umwerfend schön, wenn auch sehr harsch und eher schon lebensfeindlich - für mich als Frosch auf jeden Fall. Wir fahren stundenlang über Schotterebenen wo kaum mehr ein Busch wächst.

Gewaltige Vulkane erheben sich aus der Ebene, deren Berghänge in verschiedenen Farben leuchten. Dann wieder taucht eine Lagune auf. Das Wasser blau, drumherum ein weisser salziger Ring. Flamingos tauchen ihre langen Hälse ins Wasser um nach Nahrung zu fischen. Es sind hunderte oder gar tausende von Flamingos, da hätte ich keine Chance den gierigen Schnäbeln zu entkommen.
In der Nähe der Lagunen wachsen Grasbüschel die goldgelb strahlen. Vicunas, zierliche Tiere aus der Familie der Lamas und Alpacas finden sich hier zurecht - es sind die einzigen Tiere die wir zu Gesicht bekommen, nebst ein paar Insekten und den Vögeln.
Seit La Paz befinden wir uns ständig auf einer Höhe von 3500 bis 4500 Meter. Wir haben uns alle drei an die Höhe gewöhnt, die Zeiten mit Kopfweh sind vorbei und wir haben auch keine Probleme ein längeres Stück zu Fuss zu gehen. Jeden Tag weht ein starker, kalter Wind, das heisst Andreas ist froh nachts unter sein warmes Duvet kriechen zu können und Kathrin hat abends und morgens immer ihre Daunenjacke an. Tagsüber jedoch, brennt die Sonne trotz des Windes so heftig, dass die Zwei im T-shirt rum rennen. Einmal wird es -10°und Andreas befürchtet schon, die Wasserleitungen und -pumpen könnten einfrieren. Aber wir haben Glück, die Sorgen sind umsonst. Die Luft ist so trocken, dass ich mich gar nicht aus dem Auto wage, ich wäre sofort nur noch eine schrumplige Hülle. Diese klimatischen Extreme zehren an unseren Kräften und wir sind jeden Abend hundemüde. Noch sind wir so weit nördlich, dass die Tage kurz sind und wir alle drei sind froh, können wir früh zu Bett gehen und viel schlafen.
Das Lipez Gebiet hat aber nicht nur Lagunen zu bieten, auch wenn diese beliebte Tour bei den Touristen Lagunenstrasse heisst. Wir baden in heissen Quellen und bestaunen skurrile Felsformationen welche mitten aus der Schotterwüste ragen. Wir halten bei Geysiren, wo Schlamm in Löchern brodelt und heisser Dampf aus kleinen Öffnungen zischt, so stark, dass ein Kieselstein den Andreas auf den Dampfstrahl hält, davon gepustet wird.


Einmal auf einem 6000-er stehen
Der Vulkan Uturunco wirkt mit seinen 6010 Metern Höhe wie ein Magnet, denn an diesem Berg hat Andreas auf unserer Karte eine Strasse eingezeichnet gesehen die bis auf ca. 5700 Meter hoch führt. Klar, dass wir da nicht vorbei kommen ohne wenigstens zu versuchen hoch zu fahren. Ein Dieselauto fährt normalerweise nicht bis in solch luftige Höhen, aber da unser Motor ja vor kurzem an grosse Höhen angepasst wurde, besteht eine geringe Chance. So tuckern wir also den Berg hoch, langsam und sorgfältig. Die Strasse ist zum Glück nicht steil und so klettern wir immer höher. Bis plötzlich der Zeiger der Temperaturanzeige in den roten Bereich steigt. Nun, das hat der Landcruiser bis anhin noch gar nie gemacht, jetzt ist er doch mal am Limit. Wir legen eine Pause ein, lassen ihn abkühlen und tuckern dann weiter. Auf 5600 Meter ist die Strasse kaputt, ausgewaschen und die Umfahrung des Hindernisses ist extrem steil - und somit ist der Aufstieg für den Landcruiser zu Ende, es geht im buchstäblich die Puste aus. Nicht aber für Kathrin und Andreas. Die Zwei machen sich zu Fuss auf den Weg zum Gipfel. Noch 400 Höhenmeter fehlen und sie stehen auf ihrem bis Anhin höchsten Gipfel. Mit Kopfschmerzen müssen sie später ihr Abenteuer büssen.

Auf einsamen Pisten Argentinien entgegen
Nun wollen meine zwei Reisegefährten auf der kürzesten Strecke vom südwestlichen Zipfel Boliviens, an die argentinische Grenze bei Villazón fahren. Es gibt eine Piste die der Grenze entlang gen Osten führt, aber keiner konnte den beiden Auskunft geben in welchem Zustand diese Strasse ist und ob es irgendwo, irgendwas zu kaufen gibt. Mit dem Diesel könnte es knapp werden, denn zuletzt hat Andreas in Uyuni getankt, das war vor 830 Kilometern. In der Gaststätte an den heissen Quellen von Polques hat er nochmals 15 Liter Diesel von fragwürdiger Qualität aus einem Bidon gekauft.
Und so verabschieden wir uns nun von der Touristenstrecke und fahren in eine einsame Wunderwelt. Wir tuckern entlang von Bergketten und in Täler mit ausgetrockneten Flussbetten, vorbei an fantastischen Felsformationen und über Pässe die uns unendlich weite Sichten gewähren. Weit und breit ist lange Zeit gar nichts von der Zivilisation zu sehen,

bis plötzlich ein kleines Dorf auftaucht, mitten im Nichts. Von was leben die Leute nur? Es sind meist Minendörfer. Ein Stück weiter stossen wir in einer Höhe von 4700 Metern auf das Ruinendorf Pueblo Fantasma aus der Kolonialepoche. Auch hier wurden Rohmaterialen geschürft. Mehrere tausend Menschen lebten hier, es ist kaum zu fassen. Ich kann mehrere Kirchen erkennen in den Trümmern. Die Häuser waren klein, die Gassen eng, aber das Dorf hatte einen europäischen Charakter. Geblieben sind nur Steinmauern die langsam zerfallen.
Nach 3 Tagen in dieser wilden Gegend erreichen wir Tupiza, ein quirliges Städtchen mit vielen kleinen Läden in denen Kathrin nach einem langen und etwas mühsamen Rundgang ein paar Lebensmittel zusammen gekauft hat. Die Zwei haben einen zufriedenen Blick auf dem Gesicht als sie in Richtung Argentinischer Grenze fahren und Bolivien - wenigstens vorläufig -Adieu sagen.


.
________________________________________________________________________________
.

zur vorhergehenden Geschichte........................................................................................................................................zur nächsten Geschichte.........................

________________________________________________________________________________

page up / nach oben
Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü