USA - Alaska - Die fantastische Reise des Froschs

Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü:

USA - Alaska

Reisenotizen > Nordamerika



  Alaska – echte Wildnis oder nur ein Mythos?
   Juli, August 2017

    
Alaska – unsere Erwartungen an eine Region sind mal wieder sehr hoch. Über Alaskas Tierwelt und Landschaften vernimmt man in der Schule, im Fernsehen und aus unzähligen Büchern und so entsteht ein Bild einer noch intakten Natur, einer immens grossen und wilden Gegend. Die Werbung macht einem Glauben, diese Wildnis sei einfach zu erkunden. Reisende berichten von einer Fülle von Eindrücken: Vom Denali Nationalpark, von übergrossen Lachsen, die aus einem der vielen Flüssen gezogen werden, von Fjorden, Buchten, Gletschern und vielen Tieren.

Alaska wird fleissig vermarktet und wo immer wird abkassiert. An den Flüssen, die von Lachsen aufgesucht werden muss man Lizenzen lösen. Dort ist der Trubel gewaltig: An den Flüssen stehen die Angler Schulter an Schulter und jeder versucht sein Glück einen dieser edlen Fische an den Hacken zu kriegen. Ich sehe jedoch nie einen einzigen Fisch an einer Angel hängen. Gut so, da bleibt für die Grizzlys mehr übrig. Auch diese Bären werden fleissig verkloppt: Touristen bezahlen, um ihnen auf einem gesicherten Holzsteg, hoch über einem Fluss, beim Lachsfischen zuschauen zu dürfen. Touristischer Höhepunkt ist der Denali Nationalpark. Dort ist der Teufel los. Jedem, der nach Alaska fährt, wird vorgegaukelt, dass er  diesen Nationalpark besucht haben muss. Sogar die Kreuzfahrtschiffe, die in Anchorage andocken, karren ihre Gäste in luxuriösen Bussen die 350 Kilometer zum Park. Bären, Wölfe und Elche soll es zu sehen geben und natürlich den einzigartigen Mount Denali, den höchsten Berg Nordmerikas. Der versteckt sich aber oft in den Wolken und die meisten Touristen müssen sich mit einem Souvenir – dem Denali auf Kaffeetasse, auf Fussmatte oder auf Klobürste – zufrieden geben.
Hoch im Angebot sind auch Touren mit dem Wasserflugzeug: In ein abgelegenes Naturreservat kann sich, wer das nötige Kleingeld hat, zum Fischen oder Wandern fliegen lassen. Dort kann er eine Woche als Pfadfinder leben oder wer das grosse Portemonnaie hat, sich in einer Luxuslodge am Ende der Welt vergnügen.
Die Anreise meiner zwei Reisegefährten auf dem Landweg nach Alaska, der wie ein verlorener Fischschwanz an Kanadas Provinz Yukon hängt, ist sehr weit. Während mehrerer Wochen durchqueren sie die unendlich weiten Wälder British Columbias und Yukons, bevor sie durch eine Hintertüre die US-amerikanisch-kanadische Grenze nach Alaska überschreiten.

    
Die ersten Tage in Alaska sind meine zwei Freunde noch ziemlich einsam unterwegs. Sie umrunden und besuchen den Mount Elias Nationalpark, ein riesiges vergletschertes Bergmassiv, wo sie in klaren kleinen Seen kajaken, zu verlassenen Minen weit oben im Gebirge marschieren um sich Überreste von Seilbahnen und Tunnels anzuschauen.
Alaskas Hauptstadt ist nicht etwa Anchorage, sondern Juneau, eine kleine Provinzstadt, die nicht mal per Strasse erreichbar ist! Sie liegt im Süden von Alaska versteckt hinter einer Inselkette, die dem Festland schützend vorliegen. Eine Inselwelt voller geheimnisvoller Orte, die zu erkunden sich bestimmt lohnen würde. Aber auch hier muss man tief in die Tasche greifen, um sich und sein Auto per langer Schifffahrt zu diesen Orten führen zu können.

Vereinzelte kleine Ortschaften, die als Versorgungszentren für die umliegenden Territorien dienen, säumen den Strassenrand. Sie bieten nüchterne Motels, Campingplätze, einfache Restaurants, einen Lebensmittelladen und Tankstelle. Die Versorgung stellt für Kathrin und Andreas keine Herausforderung dar. Das wilde Campen jedoch schon. Denn Alaska scheint ein einzig grosser Sumpf zu sein. Die Strassen führen teilweise durch wilde, einsame Gegenden, Seen liegen nah und gäben romantische Übernachtungsplätze ab, aber es führen keine Wege zu diesen Seen oder überhaupt weg von der Hauptstrasse. Denn diese
Strassen sind auf Dämmen durch den Sumpf gebaut. Dort wo es trockener ist und Zeltmöglichkeiten vorhanden sind, stehen gleich Dutzende Wohnmobile, von den einfachen Campern bis zu Luxusmodellen. Alaska ist en vogue, da fährt im Sommer jeder hin. In den Ortschaften werden in der Hochsaison teilweise Parkplätze zu Campingplätzen umfunktioniert, die Reisenden stehen mit ihren Gefährten wie die Sardinen in der Dose dicht beisammen.
    
Nach gut zwei Wochen in Alaska macht sich bei Andreas etwas Enttäuschung breit. Wo ist die Wildnis zu finden von der er gelesen hatte? Wo die schönen Campplätze, von denen andere Reisende erzählt haben? Wo sind all die Tiere, die es hier geben soll? Wir haben noch keinen einzigen Bären gesehen, geschweige denn ein Elch, Rentier oder Wolf. Im westlichen Kanada wurden wir täglich von Tierbeobachtungen überrascht. Dort sichteten wir an einem einzigen Tag elf Bären!
Aber Kathrin gibt nicht so schnell auf und vertieft sich in die Landkarten, um die Reiseroute neu zu planen. Der Süden mit der Kenai Peninsula wird gestrichen. Der Denali Nationalpark wird gestrichen. Ein Ausflug auf die Insel Kodiak kommt nicht in Frage, viel zu teuer. Eine Bootsfahrt im Prinz-William Sound ist auch zu touristisch. Den Columbia Gletscher will Andreas nicht sehen. Whittier und Homer schaffen es auch nicht in ihre Tour aufgenommen zu werden.
Schlussendlich entscheiden sie sich für eine Route, die die zwei bis hoch in den Norden an die Prudhoe Bay bringt. Mit Umwegen über mehrere Schotterstrassen zu abgelegenen Bergmassiven und Tallandschaften mit Wandermöglichkeiten für die die pressierten Touristen die 10'000 Kilometer in 3 Wochen abspulen keine Zeit haben.  
Auf diesen abgelegenen Routen, weit ab der Zivilisation finden Kathrin und Andreas was sie gesucht haben: Wildnis, betörende Landschaften mit tausenden kleiner tiefblauer Seen, mäandernde Flüsse, die Täler in riesige Sumpflandschaften verwandeln und schroffe Berge, von denen man eine herrliche Aussicht geniesst. Immer wieder krüppelig und krumm wachsende Märchenwälder aus Schwarz- und Weissfichten, den typischen Bäumen der Taiga. Je weiter die zwei nach Norden gelangen, desto kleiner werden diese Fischten, bis sie schliesslich in der Brooks Bergkette ganz verschwinden und der baumlosen Tundra Platz machen. 1000 Kilometer Schotterstrasse führen von Fairbanks nach Deadhorse in der Prudhoe Bay. Die Strasse wurde gebaut, um die Ölpipeline von den nördlichen Ölfeldern bis nach Valdez am Prinz-William Sound zu bauen.  
Der Höhepunkt dieser Strecke in den hohen Norden ist bestimmt die Sichtung einer Herde Rentiere (Caribous, wie sie hier genannt werden). Über 300 Tieren kreuzen meiner Freunde Route in den Brooks Bergen. In einer Distanz von etwa 30 Metern grasen die Tiere bevor sie die Strasse überqueren um in ein tiefes Tal zu entschwinden. So ist schlussendlich die Vorstellung vom wilden Alaska doch noch in Erfüllung gegangen, aber eben nur an auser-lesenen, abgelegenen Orten. Ein wildes Alaska zwischen Anchorage und Fairbanks zu finden, ist wohl eher eine Traumvorstellung und kommt einem Mythos sehr nahe.

.
________________________________________________________________________________
.

zur vorhergehenden Geschichte........................................................................................................................................zur nächsten Geschichte.........................

________________________________________________________________________________

page up / nach oben
Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü