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Endlich endlich bin ich wieder online. Ich wollte Euch ja schon viel eher schreiben, aber Kathrin meinte, ein Bericht über Japan reiche, dabei muss sie ja gar nicht selber schreiben! Aber so ist das bei uns. Also nun hört, was ich Euch berichten möchte. (Fotos)
4 Monate auf einem anderen Planeten - Japans grenzenlose Vielfalt.
Unser geliebter Toyota Landcruiser ist ein äusserst unpraktisches Auto für Japan. Es ist gross und schwer und geländegängig. Japans Strassen hingegen sind extrem schmal, kurvig und absolut überall geteert. Diesen Umständen entsprechend fahren die Japaner klitzekleine Autos, 1000ccm Hubraum und etwas breiter als eine Schuhschachtel. Wir hingegen mühen uns ab nicht in den tiefen Strassenabwasserrinnen zu landen oder unser Hochdach in hervorstehende Balkonecken zu rammen. Oft müssen Kathrin oder Andreas auf engen Bergsträsschen zwei Anläufe nehmen um eine Kurve zu schaffen.
Aber der Riesenvorteil unseres Landcruisers ist, dass wir uns Japan leisten können. Überall in diesem Land darf man sein Auto hinstellen und nächtigen, meist finden Kathrin und Andreas eine öffentliche Toilette gleich an Ort und Stelle. Nicht mal für's Duschen müssen wir uns ein Hotel gönnen, es gibt hier Tausende von Onsen - heisse Quellen - die überall im Land anzutreffen sind und uns auf angenehmste und entspannendste Weise Badevergnügen bescheren.
Also verdursten wird in diesem Land keiner, denn an den absurdesten Stellen sind Getränkeautomaten zu finden. Nicht etwa nur an Tankstellen, vor Geschäften, auf Fähren und in Dörfern, nein auch in einsamen Buchten am Strand, in den Bergen am Strassenrand, vor einem Tempel weit weg der nächsten Ansiedlung und sogar auf dem Gipfel des Fuji-San auf 3776 Metern. Und das Beste ist, es gibt da nicht etwa nur kalte Getränke, nein man kann auch warmen Kaffee und Tee haben, aus demselben Automaten! (Fotos)
In Japan sprechen alle möglichen Maschinen, so zum Beispiel ein Lastwagen, der rückwärts fährt, oder eine Rolltreppe, wohl beide, um auf irgendwelche Gefahren hin-zuweisen. Aber auch in Geschäften kann man nicht in Ruhe durch die Regale streifen, die Produkte preisen sich alle per Lautsprecheransage an und so ist man schon bald ganz wirr vom vielen Gequassel.
Modernes Japan?
Wenn wir an Japan denken, kommen uns zuerst Automarken wie Toyota, Mazda, Honda oder Suzuki in den Sinn, oder Elektronikprodukte von Canon, Nikon, Sony, Hitachi und wie sie alle heissen. Man verbindet dieses Land mit hochtechnisiertem Standart, Fortschritt, Leistungsdruck, Hektik und Hochpreisinsel.
Unser erster Eindruck war ernüchternd. Von Russland aus wollte Andreas ein simples E-Mail an den japanischen Automobilclub senden, um eine Übersetzung der Fahrausweise zu beantragen. Der Automobilclub hat jedoch keine E-Mailadresse, er solle bitte die Dokumente faxen. Wer um alles in der Welt benutzt heutzutage noch einen Fax?
Zweite Überraschung: Japan ist ein Cashland. Das heisst, in Geschäften und Restaurants, Museen, am Autobahnzoll und in der Thermalquelle werden keine Kreditkarten akzeptiert. Wenn man das weiss, ist es kein Problem, denn Japan kennt praktisch keine Kriminalität, man kann locker mit viel Geld in der Tasche herumspazieren. Als Ausländer muss man aber erst mal an Bargeld herankommen, denn bei Weitem nicht jeder Bankomat akzeptiert die europäischen Kreditkarten. Nur auf der Post oder im 7/Eleven-Shop (ähnlich unserer Pronto- und Avec-Läden) kann man Geld ziehen. Natürlich haben diese Stellen Öffnungszeiten, besser gesagt Schliesszeiten, Bargeld ist also nicht zu jeder Tages- und Wochenzeit zugänglich. Und das im modernen Japan!
Bei den Autos darf es dafür süss sein. Pastellfarben für die kleinen Miniflitzer sind beliebt. Von fliederfarben über rosa, pink, lachs, pistache, olive bis himmelblau gibt es alles, was sich sonst nirgends auf dieser Welt verkaufen liesse. In Frauenautos türmen sich die Stofftierchen hinter der Windschutzscheibe. Männer stehen mehr auf tief liegende, mit vielen Spoilern ausgestattete Karren, auch wenn das Automodell noch so knubbelig ist. (Fotos)
Automaten gibt es in Japan nicht nur für Getränke und Zigaretten. Nein, auch für Glacé, Nudelsuppen, Pommes frites (die sind tiefgefroren, werden aufgetaut und aufgewärmt - yummy) und Wegwerfkameras werden per Automat zum Kauf angeboten. Apropos Glacé: Die Japaner sind nicht so auf der süssen Seite. Beliebt sind Aromen wie Tomate/rote Kirschen, Karotten/Mandarinen, rote Bohnen und Kartoffeln!
Aller Anfang ist schwer
Ganz wohl fühlen sich Kathrin und Andreas bestimmt nicht in den ersten Tagen in Japan. Sie landen mit der Fähre von Vladivostok her kommend, in Sakaiminato, einem Städtchen an der Nordküste Honshus. Die unzähligen Internetberichte, die sie über die Einfuhr eines eigenen Autos nach Japan gelesen hatten, verunsicherten sie vollends. Da wurde berichtet, man dürfe nicht mit ausländischen Nummernschildern fahren, es sei unmöglich ein europäisches Auto mitzubringen, man müsse für viel Geld das Auto vorführen, die Abgasvorschriften seien extrem streng, deshalb gäbe es keine alten Autos in Japan, etc. etc. Ich sage Euch, ich konnte gar nicht mehr zuhören. Jeden Tag die gleiche Leier: Was machen wir wenn …, wie sollen wir vorgehen…, warum ist das alles so kompliziert…, was geschieht wenn…
Wie ein Engel kommt uns die Agentin unserer Schifffahrtsgesellschaft im Hafen von Sakaiminato vor, sie organisiert das ganze Auto-Einfuhrprozedere perfekt und spricht Englisch. Denn obwohl Kathrin in Russland fleissig Japanisch gelernt hat, wollen nun all die gespeicherten Worte und Sätzchen nicht mehr über die Lippen kommen.
Die Zollabfertigung ist kurz und schmerzlos. Die zwei Beamten, die sich unser annehmen, wissen wahrscheinlich selbst nicht so genau, was sie eigentlich fragen sollen. Sie füllen ein Formular aus, wollen die Stammnummer sehen, schauen kurz in den Innenraum und das war's. Als nächstes brauchen meine zwei Fahrer eine Übersetzung ihrer Fahrausweise, sowie eine Beglaubigung des Carnet de Passage. Letzteres ist ein Dokument, welches garantiert, dass man sein Auto nur temporär importiert. Mit einem Taxi fahren sie in den Nachbarort Matsue zum Büro des japanischen Automobilclubs. Von dort gehts weiter zum Zollbüro in Sakaiminato um die Einfuhrgebühren zu entrichten und das abgestempelte Carnet abzuholen.
Sechs Stunden nach Ankunft des Schiffes haben wir alles erledigt; wir besitzen eine Haftpflichtversicherung für den Landcruiser, das Carnet de Passage ist abgestempelt, wir haben etwas Geld zu einem miserablen Kurs gewechselt und Tatjana, unsere Agentin, ist bezahlt. Nun stehen wir ganz überrascht und etwas skeptisch in einer Hintergasse des Hafens. Das war's? Wir sind frei, im Land rumzukurven? Was ist aus all unseren Bedenken, Befürchtungen und Import-Greuelgeschichten aus dem Internet geworden? Wir fallen uns alle Drei um den Hals vor Freude. Es folgen die ersten vorsichtigen Schritte in ein spektakuläres Land.
Hier gehts zu: "how to ship a car from Japan to Australia"
Toiletten sind in Japan nicht nur öde Örtchen wo man sein Geschäft verrichtet. Gleich beim Eintreten erfreuen einen Blumen, die neben dem Lavabo stehen, manchmal frisch gepflückte, manchmal solche aus Plastik, aber auf jeden Fall bunt. Beim Hinsetzen kommt die Überraschung - die Toilettenbrille ist warm, nicht vom Vordermann, sondern beheizt! Beim genauen Hinschauen sieht man, dass die Toilette am Strom angeschlossen ist und einem eine ganze Batterie Schaltknöpfe zur Verfügung stehen. Wenn man Glück hat sind diese auf Englisch angeschrieben, sonst muss man raten. Ein Knopf startet klassische Musik oder Wasserrauschen zum Übertönen allfälliger unangenehmer Geräusche. Mit dem nächsten Knopf kann man ein Deo versprühen. Drei Knöpfe sind für verschiedene Popoduschen gedacht, dazu gibt es zwei Drehknöpfe für Temperatur und Stärke des Wasserdrucks und mit dem letzten Knopf bedient man den Föhn. Bei den modernsten Modellen startet die Spülung automatisch wenn man aufsteht und auch der Deckel öffnet und schliesst sich selbstständig. Oft findet Frau auch Minipissoirs und Minilavabos in der Damentoilette für die kleinen Jungs. Für Kleinkinder sind fast in jeder Toilette Babysitze angebracht.
Kyushu, das südliche Japan
Die Richtung ist klar, nach der langen Kälte Sibiriens wollen wir nach Süden, Wärme tanken so schnell es geht. Die vier Hauptinseln Japans erstrecken sich vom 31-sten bis zum 45-sten Breitengrad, was gemessen an den europäischen Breitengraden Mailand und Alexandria in Ägypten entsprechen würde. Die ersten Tage und Wochen sind überwältigend. An jeder Ecke gibt es etwas zu entdecken: Die ersten blühenden Kamelien, Reisterrassen, kleine Schreine im dichten Wald, Muschelbänke in den Buchten, kleine, mit Fischerbooten voll gestopfte Fischerhäfen, Zwiebelfeldchen in jedem Hintergarten, Orangenhaine, Rhododendren deren Blüten in Papiertüten eingepackt wurden, lustige nie gesehene Verkehrsschilder, Vulkane und vieles mehr.
Wir besuchen eine Silbermine, ein altertümliches Dorf mit ehemaligen Samuraihäusern, einen wichtigen grossen Schrein, Nagasaki mit seiner Atombombengeschichte, besteigen zusammen mit etwa hundert rüstigen Japanern unseren ersten Vulkan, beobachten einen weiteren beim Ausspucken von Asche und Rauch und erkunden unzählige Tempel und Schreine. Und überall treffen wir auf nette Japaner, die immer ein Lächeln übrig haben und freundlich grüssen. Spricht man ganz langsam Englisch, verstehen sie uns oder versuchen uns den Wunsch von den Lippen abzulesen, dazu die paar Worte Japanisch, die Kathrin inzwischen wieder eingefallen sind, und wir kommen immer zum Ziel.
Kommt man an eine Tankstelle, sprintet einem der Tankwart im Laufschritt entgegen. Während des Tankens werden die Scheiben geputzt, falls man möchte der Reifendruck gecheckt und mit der gleichen Energie geladenen Bewegung wird man wieder sicher auf die Strasse geleitet. Die Preisunterschiede an den Tankstellen sind zum Teil extrem gross, schwanken so um die 15%. Man fragt sich wer da bei den teuren Zapfen tankt. Manchmal wird mit billigem Benzin geworben, den Preis erhält man aber nur, wenn man die entsprechende Mitgliederkarte hat, kommt für uns also nicht in Frage. Es kann aber auch vorkommen, dass man weniger bezahlt, als angeschrieben ist, ähh…wer soll da Schlau daraus werden?
Wir fahren bis ganz in den Süden der Insel Kyushu. Hier ist gerade Haupterntezeit von Orangen und Grapefruits, überall an Raststätten und an der Strasse kann man die saftigen und süssen Früchte kaufen - zu Spottpreisen. Wir probieren unzählige fremde Gemüse aus, verschiedene Blattarten, Stängel, Sprossen, Lotuswurzeln. Bis zum Schluss unseres Japanaufenthalts entdecken wir immer und immer wieder Produkte, die wir zuvor nicht kannten. Auch mit exotischen Saucen, Wasabi-, Senf- und Ingwerpasten versuchen wir unsere Küche zu verfeinern. Wir kochen Nudelsuppen mit den dicken weichen Udon-Nudeln oder mit den braunen Soba-Nudeln oder mit gelben Ramen-Nudeln. Wir bereichern die Suppe mit Tofu oder Glibberzeug, von welchem wir bis heute nicht wissen, was es ist. Gemüse und gelbe, weisse oder braune Pilzchen sind gute Ergänzungen und obenauf darf nie die Dekoration fehlen: getrocknete geschredderte Fischschnipsel, Sesamsamen oder Algenblätterstreifchen.
Vieles schauen wir in den Supermärkten und Marktständen nur an, weil wir nicht wissen, wie wir es verwenden könnten. Zum Beispiel knochentrockene Fischchen, eingelegte Algen, knallgrüne Teigballen, weisse Gummiröhrchen, eine Meeresfrucht, die aussieht wie eine Handgranate, ein Meter lange, dünne Wurzeln und viel schwabbeliges Buntes in dekorativen Verpackungen. Hingegen können wir uns bei all den Keksen, welche zentnerweise angeboten werden und fast alle auf der Basis von Reis sind, nicht zurückhalten. Wir wissen nie genau, ob sie süss oder salzig sind, auf jeden Fall sind sie meist herrlich bunt und einige glänzen lackig. Auch getrocknete Fisch- und Oktopusstreifen naschen wir gerne, sowie Krevettencracker und Wasabibohnen. Wir kaufen Tintenfisch, Kalamari, Muscheln, Krevetten und Fisch aller Art. Immer wieder verwöhnen wir uns mit Sashimi, das sind rohe Fische und Meeresfrüchte. Ungekochte Krevetten und Tintenfische sind jedoch nicht so der Hammer, aber der rohe Fisch hat es Andreas und Kathrin angetan. Ich hingegen hätte lieber Seegurke, Seeigel oder Fischrogen und -innereien gegessen, aber dafür kann ich die Beiden nicht begeistern.
Fleisch kommt eher etwas zu kurz, denn das feine Rindfleisch - bei uns bekannt als Kobe Beef - ist nun wirklich teuer, selbst im Vergleich zu Schweizer Preisen. Da wir schon bei Preisen sind, hier ein kleiner Exkurs.
Auch in der Landwirtschaft haben wir Abstraktes gesehen: Reisfelder, auch wenn sie noch so klein sind, werden mit der Maschine bepflanzt. Danach geht aber einer zu Fuss durchs Feld und setzt in die unabsichtlich von der Setzmaschine verursachten Lücken von Hand Setzlinge nach, damit ja keine Unregelmässigkeit entsteht. Auch andere Felder, leider weiss ich nicht was genau da wachsen soll, werden nicht etwa ausgesät; nein, da werden erst Pflänzlein gezogen, jedes in seiner eigenen Papierhülle und dann mit der Maschine gesetzt. Was für ein Aufwand!
Japan ist gar nicht teuer. Die Preise im Supermarkt entsprechen etwa den Preisen in Deutschland. Diesel kostet zwischen CHF 1.15 bis 1.30 pro Liter. Ein Besuch in einem Onsen kostet CHF 3.- bis 8.-, Eintritte in Museen sind zwischen CHF 2.- bis 8.-. Für CHF 4.- bekommt man bereits eine deftige Nudelsuppe in einem einfachen Beizli, dazu gratis Grüntee und Wasser. Einen Take-away Kaffee gibt es schon für CHF 1.-. Über Hotelpreise kann ich Euch nichts berichten, Kathrin und Andreas meiden diese beharrlich. Der Landcruiser ist für sie das Ein und Alles.
Teuer sind allerdings die Züge und Busse und auch unsere Verschiffungen zwischen den Japanischen Inseln sind nicht preisgünstig. Von Honshu nach Kyushu gibt es eine Brücke, aber von Kyushu nach Shikoku mussten wir alle auf eine Fähre. Andreas' trickreiche Sparversuche führen dazu, dass ich und Kathrin beim Einschiffen im Schlafzimmer des Landcruisers unsichtbar werden müssen, so sparen wir die Überfahrtskosten der Zusatzpassagiere. Und so ist Andreas der einzige der rechtzeitig zur Abfahrt des Schiffes an Deck ist und folgende witzige Szene beobachtet: Das Schiff ist bereit zum Start. Die vier Hafenmitarbeiter die die Leinen losgemacht haben verbeugen sich vor dem abfahrenden Schiff und stehen winkend so lange am Pier, bis das Schiff die aussenliegende Hafenmauer passiert hat. Wo gibt es so was?
Shikoku, die Pilgerinsel
Um Shikoku herum führt ein Pilgerweg, der auf 1200 Kilometer Länge 88 Tempel verbindet. Doch ähnlich dem Jakobsweg muss man viel den Strassen entlang wandern und somit ist das gar kein Fall für Andreas, denn der geht lieber da lang, wo der Weg möglichst weit weg von der Zivilisation ist. Die Pilger sind meist weiss gekleidet, tragen einen Strohhut und einen Bambusstock.Wir sehen einzelne Wandernde die alleine unterwegs sind, der weitaus grössere Teil aber bestreitet die Reise mit dem Bus und in Gruppen.
Die Tempel auf Shikoku haben, mehr als die Tempel auf den anderen Inseln, etwas Mystisches an sich. Sie sind umgeben von uralten Bäumen, die zum Teil schon so krumm sind, dass die ausladenden Äste gestützt werden müssen. Buddhafiguren aus Stein und Metall stehen überall herum. Andernorts findet sich in einem Pavillon ein klangvoller Gong und ein Stückchen weiter werden an langen Ständen Glücksbringer, Amulette und anderlei Souvenirs verkauft. Ein Kaligraph malt den Pilgern wunderschöne Schriftzeichen in ihr Pilgerbuch und Heiler bieten ihre Dienste an. Die Pilgergruppen beten und singen gemeinsam vor dem Altar, Räucherstäbchen verströmen einen feierlichen Duft. Wir tauchen ein in eine friedliche Atmosphäre fern des Strassenlärms und Konsums.
In den meisten Onsen braucht man Seife und Shampoo nicht mitzubringen, das wird zur Verfügung gestellt. Ebenso gibt es in den luxuriöseren auch Plastikhaarbürsten, Wegwerf-rasierer, Wattestäbchen, Horn-hautfeilen, Peelingprodukte und Gesichtspflegecrèmes. Nur sein Handtuch bringt jeder selber mit. Das Onsentuch gleicht eher einem grossen Waschlappen und dient zur Reinigung, zum Kopfkühlen im heissen Wasser und zum Abtrocknen. Das kurioseste in einem Onsen das Kathrin je gesehen hat, war der grosse Fernseher in der Sauna!
Staunen mussten wir auch über die Freundlichkeit und Höflichkeit der Japaner. Betritt man ein Geschäft, rufen einem gleich mehrere Mitarbeiter guten Tag und herzlich willkommen entgegen. Beim Begrüssen beugt man immer leicht den Kopf nach vorn, je nach Situation verbeugt man sich sogar. Was einem beim vorgängigen Studium dieser Sitte unmöglich vorkam, geht Kathrin und Andreas schnell in Fleisch und Blut über und schon bald neigen sie den Kopf geübt bei jeder Begrüssung, was auf einer beliebten Wanderung bisweilen zu 1000-fachem Kopfnicken führen kann.
Der Süden Shikokus zeichnet sich durch spektakuläre Küstenlandschaft aus. Mit Maximaltempo 30 kurven wir auf schmalsten Strassen um die Buchten herum. Die Dörfer sind so klein, dass es keine Einkaufsläden gibt. Ein rollender Verkaufswagen versorgt die meist betagten Einwohner. Gemüsegärten wechseln sich mit Reisfeldern ab. Überall wo das Gelände nicht zu steil ist wird um die Dörfer herum Landwirtschaft im kleinen Stil betrieben. Ausserhalb der Siedlungen ist die Landschaft wild, zerklüftet und üppig bewaldet.
Über die Seto Innlandsee die zwischen Shikoku und Honshu liegt, führt ein 70 Kilometer langer Übergang welcher über mehrere Brücken und fünf Inseln führt. Praktisch veranlagt wie die Japaner sind, haben sie daraus ein Fahrrad-Abenteuer kreiiert. Überall kann man Velos mieten und meist auf extra Fahrradspuren radeln. Kathrin und Andreas sind gierig nach Bewegung und überlegen nicht zweimal. Das Wetter ist zwar nicht prächtig und starker Gegenwind ringt ihnen einige Kraft ab, trotzdem geniessen sie die Fahrt mit den tollen Aussichten über die Inselwelt und die leuchtendweissen Hängebrücken.
Hokkaido, die Wilde des Nordens
Ich brauche meinen ganzen Charme und viele Argumente um Andreas und Kathrin zu überzeugen, trotz des noch immer zaghaft einsetzenden Frühlings nach Hokkaido, der Insel weit im kühlen Norden, zu fahren. Die Distanz zwischen Honshu und Hokkaido ist gross und somit die Fährkosten relativ hoch, doch zum Schluss müssen die Zwei mir Recht geben, Hokkaido ist ein Besuch wert: Hier finde ich mein Territorium - Sümpfe so weit das Auge reicht und Froschkollegen zuhauf. Nur von den vielen Raubvögeln muss ich mich in Acht nehmen, denn beinahe hätte mein letztes Stündchen geschlagen: Wir drei sitzen am Meer, auf einer Betonmauer beim Picnic. Plötzlich stürzt sich ein Adler auf uns nieder. Im letzten Moment kann ich unter Kathrins Jacke hüpfen. Der Adler schnappt sich sodann Andreas Sandwich und verschwindet steil nach oben schiessend im blauen Himmel. Da sind mir also die frechen, aber zutraulichen Raben schon lieber, vor denen brauche ich mich nicht zu fürchten.
Kathrin und Andreas' Interesse gilt den rauen Bergen und den zerklüfteten Küsten mit den vielen Nationalparks. Aber leider müssen sie auch hier, wie schon auf Kyushu und Honshu auf Wanderungen verzichten: Der Schnee liegt noch überall herum und der Winter nimmt kein Ende: Am 17. Mai, auf 1200 Meter übernachten wir in einem heftigen Schneegestöber! Die Zwei tun mir fast etwas Leid, wie sehr haben sie sich doch aufs Wandern in Japan gefreut. Und alles was sie bis anhin gelaufen sind, beschränkt sich auf zwei- oder dreistündige Spaziergänge (mit einigen Ausnahmen). Dabei ist Hokkaido das Land der Braunbären und Andreas hätte so gerne einen auf einer Wanderung gesehen. Schon in Sibirien entging ihm dieses Vergnügen, da hielten die Bären gerade Winterschlaf. Ich glaube Kathrin war gar nicht so traurig darüber. Man kann es halt nie allen recht machen.
In Hokkaido ist alles ein bisschen ausladender und weiträumiger. Die Täler sind breiter und somit die Felder grösser. Die Städtchen liegen weiter auseinander und man hat hier nirgends das Gefühl von Enge und Dichte. Trotz der vielen unberührten Natur findet Andreas kaum je ein Plätzchen das seinen hohen Ansprüchen an ein tolles Camp gerecht wird. Immer wieder versucht er aufs Neue an ein Flussufer ranzukommen oder im Wald ein unbefestigtes Strässchen zu finden. Kathrin hat dagegen schon lange akzeptiert, dass zum Übernachten in Japan ein öffentlicher, geteerter Parkplatz gehört und geniesst dafür den Luxus der Toiletten, die es fast immer dazu gibt. Ich kann Andreas nur immer wieder sagen, bald bist du in Australien, da wirst du deine Camps finden.
Bittet man einen Japaner um Hilfe, wird er sein Äusserstes tun um behilflich zu sein. Und dies immer mit einem Lächeln auf den Lippen, welches nicht im Mindesten aufgesetzt wirkt. Von der vermeintlichen Hektik haben wir bis heute nichts gespürt, eher das Gegenteil ist der Fall. Die Japaner haben Zeit und sind äusserst gelassen. Am besten sieht man das im Strassen-verkehr. Es wird hier nie gehupt, obwohl man an einer Ampel - nach westlichem Verständnis - allen Grund dazu hätte, denn wird es endlich grün, kann es noch eine gute Weile dauern, bis der Vorderste losfährt. Entweder macht er ein Nickerchen weil die Rotphasen ziemlich lange sind oder er guckt sich auf seinem Navigerät einen Film an (der Film läuft natürlich beim weiterfahren weiter), oder er ist am Tele-fonieren - wir haben schon alle Varianten gesehen. Überhaupt ist der Verkehr äusserst gemächlich. Innerorts fährt man 40 km/h, ausserorts 50 - 60 km/h, auf der Autobahn 80 km/h. Tuckelt einer in Sonntagsfahrtsstimmung da-her, so wartet man geduldig bis er abbiegt, keine Lichthupe, kein Auffahren, es ist unglaublich, aber kaum einer hat es eilig hier. Die Japaner sind geduldig und immer freundlich - da könnten wir Westeuropäer uns ein ordent-liches Stück abschneiden.
Hunde scheinen auch hier Kinderersatz zu sein. Das Spiel wird hier aber viel weiter getrieben als bei uns in Europa. So kann man im Supermarkt für die Vierbeiner Röckchen und Hose kaufen, sowie Haarspangen und Kinder-…eh nein, Hundewagen und Tragetuch?!?!
In gewissem Sinne ist Hokkaido ein bisschen der Wilde Westen. Die Strassen sind hier breiter und gerader und dementsprechend wird oft überm Tempolimit gefahren und auch häufig mal überholt, was in Japan eine grosse Seltenheit ist. Ich traute meinen Augen kaum, aber sogar im Tunnel wurden wir hier mehrmals überholt! Wäre ja noch halbwegs machbar, wenn die Japaner ihr Abblendlicht einschalten würden, aber da sind sie wahre Sparweltmeister, denn Licht im Tunnel ist ein unnötiger Luxus. Erst wenn es zappeduster ist, dreht man vielleicht mal auf Standlicht…
Honshu
Honshu liegt im Zentrum der vier Hauptinseln und so waren wir von Norden, Süden und Westen her kommend öfters hier. Ein paar Tage nach Ankunft in Sakaiminato, nach Besuch der Insel Shikoku und nun nach dem Abstecher auf Hokkaido.
Honshu ist die am dichtesten besiedelte Insel. Und nun ist es an der Zeit auch mal zu schreiben, dass nicht alles schön ist in Japan. Die meisten Städte sind hässlich. Über unendliche Kilometer reihen sich Häuser und Geschäfte aneinander. Obwohl der Platz knapp ist, wird nicht in die Höhe gebaut, dafür dicht zusammen. Im Widerspruch dazu stehen die unglaublich riesigen Parkplätze vor den Supermärkten, Restaurants, Drugstores, Bau- und Gartenmärkten, die es hier zuhauf gibt. Ich frage mich des Öfteren, wer all die Produkte kaufen soll? Für Andreas sehen diese Shopping Malls sehr amerikanisch aus und es ist ihm jedes Mal ein Gräuel Einkaufen zu gehen. Er hat wohl Angst, sich in den langen Regalgängen zu verirren. Und ich muss sagen, so Unrecht hat er nicht.
Wenn wir gerade von Hässlichkeiten reden. Die Japaner scheinen Beton zu lieben.
Fusswege zu Sehenswürdigkeiten sind betoniert, jeder Parkplatz im Wald ist betoniert, ganze Berghänge zugekleistert, Hafenanlagen und Strassenbrücken zu verwegenen Gebilden in Beton gegossen. Asphalt und Beton nehmen teilweise schon überhand, denn alte Strassen, die nicht mehr gebraucht werden, werden nicht abgetragen, lediglich abgesperrt. So kann es vorkommen, dass man auf einer neuen Strasse fährt und neben sich noch zwei Generationen alter Strassen hat. (Fotos)
Japaner lieben die Sauberkeit. Nie würden sie ein Auto neben die Strasse in die schmutzige Wiese stellen, dann lassen sie es lieber mitten auf der Fahrbahn, wo es garantiert den Verkehr behindert. Natürlich hat diese Sauberkeitsliebe auch Vorteile: Obwohl es in der Öffentlichkeit keine Abfalleimer gibt, liegt kein Abfall herum, alles wird brav nach Hause getragen und getrennt entsorgt. Der Trennfimmel geht so weit, dass die Müllmänner, wenn sie einen Eimer mit Petflaschen in den Wagen kippen, erst noch alle Deckel abschrauben und getrennt entsorgen müssen. Das ist kein Witz!
Auch sind die Toiletten immer sauber und es ist immer Papier vorhanden. Man hat in Japan absolut nie das Gefühl etwas Schmutziges anzufassen. Da-gegen werden die Picnictische, welche es im Wald ab und an mal gibt, nicht verwendet. Für Japaner scheinen sie, so von Moos überwachsen, wahrscheinlich nicht sauber genug zu sein. Zur Kirschblüte im März und April wird ausgiebig Hanami gefeiert: Man setzt sich zu einem Picnic unter die Bäume, aber bitte immer auf eine grosse, saubere blaue Plastikplane.
Kyoto hingegen begeistert uns, wir zählen sie zu einer der interessantesten Städte Japans. Während dreier Tage tauchen Kathrin und Andreas ein in das Gewirr moderner Strassen, Einkaufspassagen, kleinen Gassen mit Wohnquartieren und unendlich vielen Tempeln und Schreinen, welche auf alle Teile der Stadt zerstreut sind. Im Geisha-Quartier, das an einen lauschigen Bach grenzt, kann man mit viel Glück tatsächlich einen Blick auf eine Geisha im Vorbeihuschen ergattern. Das Viertel ist ganz im alten Stil erhalten, es reiht sich ein Etablissement ans andere und nachts ist ein Spaziergang dort besonders romantisch mit den schönen roten Laternen.
Restaurants gibt es in Kyoto so viele, dass die Entscheidung schwer fällt wo man Essen soll. Am liebsten würde Kathrin sie alle ausprobieren, aber es stehen nur drei Abende zur Verfügung. Die Entscheidung fällt zuerst auf eine Okonomiyaki-Beiz. Dort setzt man sich an eine grosse Herdplatte. Die Köchin auf der anderen Seite bereitet die Köstlichkeiten vor unseren Augen zu, eine Art Pfannkuchen mit Gemüse und Meeresfrüchten. Sobald alles fertig ist, schiebt sie den Leckerbissen vor einen hin. Den zweiten Abend entscheiden sie sich für ein Tischgrill-Restaurant. Während 90 Minuten kann hier à discrètion Fleisch, Fisch und Gemüse bestellt werden, die man dann auf dem Grill, der in den Tisch eingelassen ist, brät. Dazu gibt es Reis und verschiedene Salate. Am dritten Abend verschlägt es die Zwei in ein Sushi-Restaurant. Die Gäste sitzen an einer Theke und auf einem Laufband ziehen die verschiedenen Sushi auf unterschiedlich farbenen (und somit preislich unterschiedlichen) Tellerchen an einem vorbei. Man nimmt, worauf man Lust hat und am Schluss bezahlt man nach der Anzahl und Farbe der Teller. Es gibt Sushi mit Fisch, klar, aber auch solches mit Tintenfisch, Muscheln, und anderem Getier, welches wir nicht kennen. Fantastisch! Natürlich ist Kyoto sehr touristisch, aber die westlichen Besucher gehen in der Überzahl der japanischen Touristen fast unter.
Als Höhepunkt entpuppt sich Koya-san, ein Pilgerort auf einem Berg. Tempel und Klöster und Pagoden reihen sich aneinander. Im nahen Zedernwald mit riesigen Baumexemplaren spazieren wir über einen riesigen Friedhof mit moosüberwachsenen Grabsteinen, Buddhafigürchen mit gestrickten roten Käppchen und vorbei an schiefen Steinstelen. Ein geheimnisvoller Ort.
Im Städtchen Nachi-Katsuura besuchen wir in aller Frühe einen Thunfischmarkt. Hunderte von prächtigen Exemplaren liegen da in Reihen auf dem Boden, bereit zur Versteigerung. Auch einzelne Haie sehen wir, natürlich mit abgeschnittenen Flossen, dieses lukrative Geschäft scheint auch hier zu florieren. Bevor die Fische den Besitzer wechseln, werden sie auf einer grossen Standwaage gewogen, dann in Styroporkisten auf Eis gelegt und per Kleinlaster in Restaurants und Läden abtransportiert. Frischer geht's nicht.
In Hinterland des Biwasees wandern wir in die Yatsubuchi-no-taki-Schlucht. Ein schmaler Weg führt direkt dem Bach entlang von einem Wasserfall zum nächsten. Mit Hilfe von Leitern und Ketten sind die Felsen gut zu überwinden. Sprudelnde Pools hätten zum Baden eingeladen, wäre es nur etwas wärmer gewesen. Im Wald leben Affen, für uns eine tolle Überraschung, für die Bauern im Dorf eine Plage, denn ihre Felder müssen sie mit elektrischen Zäunen vor Plünderung schützen.
Bei Restaurants finden wir Vitrinen in denen die Gerichte als appetitliche Modelle präsentiert werden. So kann man sich ein Bild machen wie gross die Portion ist, man kauft also nicht die Katze im Sack.
Zudem hilft dies ungemein, wenn man die japanischen Schriftzeichen auf der Menükarte nicht lesen kann und man so auf das gewünschte Modell zeigen kann.
Der Verpackungswahnsinn hat Kathrin und Andreas zu schaffen gemacht. Viele Kekse zum Beispiel sind erst mal einzeln eingepackt, dann liegen sie in einer Schale und sind nochmals in Plastik ein-geschweisst. An der Kasse kriegt man dann nochmals eine Plastiktüte dazu, auch wenn man nur einen Artikel kauft. Grüne Bohnen zum Beispiel werden in kleinen Paketen zu lediglich 10 Stück abgepackt.
Ein trauriges Kapitel erwartet uns an der Nordostküste von Honshu. Hier hat 2011 ein Tsunami gewütet und vieles dem Erdboden gleich gemacht. Jetzt wimmelt es von Lastwagen die Erdmaterial herumfugen und Baggern, die den Boden einebnen und bereit machen zum Wiederaufbau. Ja, Wiederaufbau, denn ganze Dörfer und Städtchen wurden weggefegt von der Wucht der Welle. Einige wenige Mahnmale, wie etwa ein Skelett einer Tankstelle oder ein umgekippter Betonwohnblock, liess man verlassen in der Landschaft stehen. Die Menschen wohnen in Containersiedlungen und dies nunmehr seit drei Jahren! Ihre Hoffnung auf ein angenehmeres Leben ersehen wir auf Bauplänen, die auf grossen Holztafeln angebracht sind und moderne Wohnanlagen auf erhöhtem Gelände versprechen. Jede Bucht, die wir anfahren, sieht gleich aus: ein Bild der Zerstörung. Brücken sind erst behelfsmässig repariert, Eisenbahngeleise und -dämme sind unterspült, Reisfelder werden neu aufgebaut. Aber die Leute scheinen den Mut und den Willen am selben Ort wieder neu anzufangen nicht verloren zu haben. (Fotos)
Eigentlich sind Kathrin und Andreas ja vor allem zum Wandern nach Japan gekommen, aber der viele Schnee des vorangegangenen strengen Winters hat ihnen das gehörig vermasselt. Vielleicht sollte es so sein, denn hätten sie all die geplanten Wanderungen unternommen, hätten sie gar vieles nie entdecken können, was ja nun wirklich schade gewesen wäre.
In Japan wird man nie übers Ohr gehauen. Die Leute sind äusserst ehrlich und wollen ihr Bestes geben. Das fängt im Supermarkt an: Die Früchte sind reif und süss und zwar alle in einer Packung. Man würde hier nicht unreife Erdbeeren oder Kiwi unten in die Packung schmuggeln, das passt nicht ins Bild von: „Wir geben unser Bestes“
Japan ist zwar nicht das modernste Land, aber es ist das best organisierte, das wir bis anhin bereist haben. In der U-Bahn zum Beispiel, illustriert eine Anzeige nicht nur an welcher Station man ist, sondern auch in welchem Wagen und wo von dort aus die Ausgänge und weiteren Zugverbindungen zu finden sind. An jeder Station gibt es einen Aufseher und der hat für Herumirrende kleine Zettel bereit, auf denen eine Skizze der vielen Aus- und Eingänge zur Metro-station abgebildet sind, denn es kommt wohl öfters vor, dass Leute den falschen Eingang erwischen.
An jeder Sehenswürdigkeit finden wir Broschüren und In-formationstafeln, immer in mehreren Sprachen.
Zum Abschluss Tokio
Tokio ist eine der grössten Städte der Welt.
Tokio ist ein Shoppingparadies.
Tokio ist ein Eldorado für Technikfreaks.
Tokio ist eine Schlemmermetropole.
Aber Tokio ist noch viel mehr! Tokio ist eine geniale, spleenige, grossartige, aussergewöhnliche Stadt. Nach 7 Tagen Sightseeing sind Kathrin und Andreas total begeistert, sie sind „Tokyoholic“ geworden, das lässt sich nicht leugnen.
Unser Auto haben wir nach Nerven aufreibenden, langen und lästig heissen Tagen voller Ungewissheit über die definitive Verschiffung nun endlich im Hafen von Yokohama abgegeben. Die ganze Story dazu gibt's hier. Erleichterung und Freiheit beflügeln Kathrin und Andreas - sie brauchen sich keine Sorgen mehr um teure Parkplätze und öffentliche Duschen zu machen denn sie quartieren sich in einem Hotel ein und sind somit diese Sorgen los. Ein wahrer Genuss: Dusche, breites Bett, Internetzugang - eine für sie seltene Art des Reisens.
Aber ganz sorgenfrei sind die Beiden noch nicht. Das Auto ist zwar endgültig auf dem Weg nach Australien, aber jetzt heisst es flugs Flüge für uns drei nach Australien (und auch wieder aus dem Land raus) buchen, Mietauto für die Überbrückungszeit in Down Under organisieren, SIM-Karte für Mobiltelefon bestellen, Reisebücher und Autoausrüstung online erstehen, nach Autowerkstatt googlen, Kontakte zum Schiffsagenten in Brisbane knüpfen und vieles mehr.
Tokio hat nicht - wie üblich für Grossstädte - ein Zentrum und Aussenquartiere ringsherum. Vielmehr sind es viele einzelne Städte die zusammengewachsen sind und so gibt es mehrere Zentren und dazwischen ist alles ausgefüllt mit Wohnvierteln, Tempeln, Shopping Centern und Autobahnen. Gebaut wird enorm dicht, so kommt es vor, dass ein altes Häuschen oder ein Tempel von Wolkenkratzern fast erdrückt wird. Die Japaner lieben Glas und Stahl wie man der modernen Architektur ansehen kann. Doch kühl oder abweisend wirken diese fantastischen Gebäude nicht, denn in den Strassen dazwischen herrscht ein buntes Treiben, farbige Leuchtreklamen, die für Geschäfte und vor allem auch für Restaurants werben, blinken allerorts und die winzigen Autos quetschen sich durch die engen Gassen. Wo man hinguckt herrscht ein uns sofort fesselnder, wilder Trubel.
Täglich erkunden die Beiden ein anderes Quartier. Sie fühlen sich jedes Mal in eine andere Stadt versetzt. Verbunden werden diese Stadtteile mit einem weit verzweigten und effizienten Metrosystem. Auf den unzählige Strassen und dem dichten U-Bahnnetz verteilen sich die Menschenmassen und sie haben nie das Gefühl, erdrückt zu werden. Der Fahrplan ist für Neulinge nicht ganz einfach zu lesen, da ausnehmend viele Informationen eingebunden sind, doch nach ein paar Tagen und ein, zwei Irrfahrten fühlen sie sich schon fast heimisch.
Um die vielen hungrigen Geschäftsleute zur Mittagszeit günstig zu versorgen gibt es die O-Bento-Box, das sind Plastikbehälter mit verschiedenen Gerichten drin. Reis oder Nudeln mit Fisch oder Fleisch, Ei, Meeresfrüchten oder Gemüse, an Kombinationen mangelt es nicht. Der Japaner kauft diese im Supermarkt, im Convenience Store (à la Avec, Pronto, etc.) oder an der Strassenecke bei einem Mütterchen, das während zwei Stunden über Mittag O-Bento-Boxen anbietet. An heissen Tage ziehen die Japaner allerdings kalte Nudeln vor, die in eine Soyasaucen-ähnliche Flüssigkeit getunkt werden. Eine geniale Erfindung!
Die Convenience Stores sind eine weitere praktische Einrichtung Japans. Es gibt deren so unwahrscheinlich viele, dass man eigentlich nie hungern oder dursten muss. Immer haben diese eine Toilette und einen Bankomaten, einen Kopierer und eine kleine aber äusserst gute Auswahl an Lebensmitteln. Eben nicht nur Snacks, sondern auch immer Früchte, Tiefkühlgemüse, Fertiggerichte und natürlich O-Bento-Boxen. Den grössten Teil des Sortiments machen aber eindeutig die Getränke aus. Abgesehen vom allgegenwärtigen Coca Cola gibt es hier Getränke mit Namen wie Calpis, Aquarius, Pocari Sweat, Salt & Fruit und viele mehr. Manchmal braucht es etwas Mut, solch fremde Produkte auszuprobieren, aber es lohnt sich, die meisten schmeckten uns ausgezeichnet!
Japan ist in jeder Hinsicht fantastisch. Es ist für uns bis anhin das mit Abstand sicherste Reiseland. Nirgends braucht man Angst zu haben beraubt zu werden, nicht einmal in Tokio. Auf dem Land haben wir oft unser Auto offen gelassen, wenn wir eine Sehenswürdigkeit anschauen gingen. Japaner lassen im Zug ihre Handys, Computer und Taschen liegen, wenn sie auf die Toilette gehen, ebenso an Bahnhöfen ihr Gepäck. Japaner klauen nicht, das passt nicht zu ihrer Kultur.
Der Stadtteil Ueno bezaubert uns alle drei mit seinen vielen Tempeln, engen Strassen und mit dem Nationalmuseum. In Odaiba begeistert uns die ausgefallene Architektur. Erbaut auf einer aufgeschütteten Insel und mit der Hochbahn über die Regenbogenbrücke erreichbar, gelangt man dort zu hypermodernen Shoppingcentern, die voll gestopft sind mit Geschäften, aber auch mit Vergnügungshallen und einer Toyota-Ausstellung. In Shinbashi besuchen wir den Fischmarkt, Pärke und die luxuriöse Ginza-Einkaufsmeile, wo wir auf Weltmarken wie Gucchi, Armani, Svarovski und wie sie alle heissen, stossen. Im Stadtteil Tokio treffen wir auf alte Backsteingebäude, wie jenes des Bahnhofs, des Gerichtshofes und des Parlamentgebäudes. In Roppongi Hills besticht die Architektur der Wolkenkratzer.
Am verrücktesten aber geht es in Harajuku zu und her. Kleiderläden mit extravaganter Mode säumen die Gassen. Die Jugendlichen, die sich hier einkleiden, sind so ausgeflippt, wie wir es noch nirgends vorher gesehen haben.
Japan ist das Land mit der grössten Vielfalt an Lebensmitteln, das wir bis anhin bereist haben. Die Küche ist zwar nicht würzig wie die südostasiatische, aber sie ist enorm abwechslungsreich und ein Feuerwerk für das Auge, was die Dekoration betrifft. Auch die Reklametafeln und -schilder sind äusserst bunt, als ob das eintönige, traurige Grau des vielen Betons übertüncht werden müsste. Dazu trägt ebenso die überaus freundliche und höfliche Art der Japaner bei. Immer hat das Gegenüber ein Lächeln übrig, ein Danke und Bitte - das macht das Zusammenleben äusserst angenehm.
Während sieben Tagen haben Kathrin und Andreas erst die Oberfläche dieser immensen Stadt angekratzt - für uns Partymuffel und Naturliebhaber ist aber erst mal genug mit Trubel, Geschäftigkeit und Lärm.
Obwohl ich sie zur Zeit fast nur von Australien reden höre, werde ich mir schon in ein paar Tagen anhören müssen, was die Beiden alles vermissen von Japan. Da kann ich nur sagen: Geht irgendwann mal wieder hin!
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