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Die Volga - längster Fluss Europas
In Volgograd erblicken Kathrin und Andreas zum ersten Mal die majestätische Volga und rätseln über ihre Breite. 500 Meter oder 800 Meter oder vielleicht sogar mehr? Es ist ein bisschen dunstig und das Abschätzen schwierig. Der Rhein in Basel scheint den Beiden dagegen ein lächerlich schmales Flüsslein. Auf einer Stahlbrücke mit unzähligen Bögen, überqueren sie die Volga - der Tachometer zeigt tatsächlich 1 Kilometer und 200 Meter an. Was für ein Strom!
20 Kilometer südlich Volgograds besichtigen Kathrin und Andreas den Volga-Don-Kanal, ein technisches Meisterwerk: Auf 100 Kilometern überwinden die Schiffe mit Hilfe von 8 Schleusen erst einen Anstieg von 88 Metern um am anderen Ende des Kanals wieder mit Hilfe von 5 Schleusen 45 Meter abzusteigen. Somit können Güter vom Schwarzen Meer im Süden bis zum Weissen Meer (südlich der Barentsee) im Norden transportiert werden, ein riesiges schiffbares Transportnetz ist damit in den 50-ger Jahren entstanden.
Auf ihrem Weg in den Ural folgen sie der Volga nach Norden und besuchen Städte wie Saratov und Samara. Im Stil sind sich diese ähnlich; Sowjetstädte mit breiten Boulevards, weiten Parkanlagen und grosszügigen Uferpromenaden, grauen, hässlichen Blockbauten und einigen ehemals schönen und verschnörkelten Prachtsgebäuden aus der vor-sowjet Zeit. Alles wirkt mehr oder minder heruntergekommen, je nach dem wie viel Geld vorhanden ist für Renovationen. Ohne Zweifel wird etwas getan um die Städte in Schuss zu halten. Aber nicht immer will das Alte erhalten bleiben. Der Drang zu moderner Architektur mit Glas und Stahl ist oft grösser.
Orthodoxe Kirchen werden überall renoviert oder auch neu erbaut. Die farbigen Dächer und goldglänzenden Türme stechen einem schon weitem ins Auge. Nach den vielen Jahren des staatlich angeordneten Atheismus wird die Religion nun wieder in der Öffentlichkeit zelebriert.
Wichtig im russischen Alltag sind auch Denkmäler. Jedes Städtchen und viele Dörfer haben zumindest eines davon, das an den grossen vaterländischen Krieg, wie hier der zweite Weltkrieg genannt wird, erinnert. Jeweils mit viel Beton und möglichst gross fallen sie aus, mit langen Listen der Gefallenen, manchmal mit einer ewigen Flamme und Soldaten, die Wache schieben. Gedenkstätten gibt es für wichtige Staatsmänner, Dichter und Komponisten. Lenin's Statue zum Beispiel, findet man noch immer in fast jeder Stadt.
Geschäfte gibt es viele, vom kleinen Krämerladen bis hin zu Gucci und Armani. Dazwischen die für Russland so typischen kioskähnlichen Pavillons mit nur einem kleinen Fensterchen auf Bauchnabelhöhe als Kontaktpunkt zum Verkäufer. Die verkaufen von Zigaretten über Zeitungen, Getränken und Früchte vieles was man täglich benötigt. Und immer wieder sieht man an einer Strassenecke alte Frauen die Kartoffeln, Sonnenblumenkerne oder frische Kräuter aus dem eigenen Garten verkaufen um ihre Rente aufzubessern.
Die jungen Frauen überbieten sich mit kurzen und kürzesten Miniröcken und oft bleistiftdünnen und bis zu 15cm hohen Absätzen. Kathrin staunt, mit welcher Trittsicherheit sie auf Zehenspitzen die Unebenheiten russischer Strassenbaukunst meistern und ist froh, muss sie ihre Füsse nicht solch einer Tortur aussetzen.
Zwischen den Städten führt die Strasse mal nah, mal weniger nah der Volga entlang und Andreas findet immer wieder ein schönes Nachtplätzchen mit Sicht auf den Strom. Nach Saratov erklimmen die Beiden einen kleinen Hügel und blicken auf die Volga hinunter, doch nanu, was ist denn das! Ein Eismeer breitet sich unter ihnen aus. Der Fluss ist auf der ganzen Breite dick zugefroren. Es ist bereits Mitte April und hier herrscht noch tiefster Winter. 200 Kilometer weiter nördlich ist zwar das Wasser nicht mehr gefroren, aber bis zu 3 Meter hohe Eisschollen treiben auf dem Fluss! Und nicht nur die Volga steckt noch im Winterkleid, auch die Landschaft ist ziemlich trostlos. Vertrocknete Weiden in hellbraun, riesige Felder in dunkelbraun, kahle Birkenwälder in weiss-schwarz. Das Auge nimmt keine Farben wahr. Nicht das kleinste Pflänzchen das zaghaft aus der Erde drückt ist zu erkennen. Im Gegenteil, die Schneereste der Strasse entlang und im Wald nehmen zu und somit wird auch nichts aus der Idee, im Samara Bend Nationalpark wandern zu gehen. Das nächste Ziel, der Ural, zieht die Zwei an, in der vagen Hoffnung dort sei der Frühling schon eingekehrt.
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