Peru - Land hinter den sieben Bergen - Die fantastische Reise des Froschs

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Peru - Land hinter den sieben Bergen

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Peru - Land hinter den sieben Bergen


Im Dunst der Mittagssonne reiht sich Bergkette an Bergkette soweit mein Froschauge reicht. Dazwischen, verwinkelt wie ein Irrgarten, schlängeln sich tausend Täler durch diese Gebirge. Hinter uns erhebt sich ein 6000-er mit vereister Kuppe und hängenden Gletschern. Von einer Stadt oder einer Stromleitung ist weit und breit nichts auszumachen. Wo um Himmels willen befinden wir uns? Ohne Kompass und Navi könnte sich Andreas beinahe verirren. Unzählige Strassen und Strässchen winden sich die Berge hoch, sei es zu Minen, einem abgelegenen Dorf oder über einen Pass. Tagelang kurven meine Reisegefährten durch diese unermesslich weite und abwechslungsreiche Gebirgslandschaft und ich merke, sie lieben Peru mit all seinen Facetten. Am Ende werden es fünf Monate sein die sie in Peru verbringen – ihr längster Aufenthalt in einem südamerikanischen Land.


Aber beginnen wir von vorn: Ziemlich genau ein Jahr ist es her seit Andreas und Kathrin Peru verlassen haben um gen Süden zu reisen. Damals, als sie auf die Ankunft ihres Landcruisers warteten, haben sie vor allem Lima und die Küste nördlich der Hauptstadt sowie Huaraz und seine Umgebung kennen gelernt. Inzwischen ist ihnen Südamerika mit seinen Eigenheiten nicht mehr fremd und sie sind voller Tatendrang die abgelegenen Winkel Perus kennen zu lernen.
Es ist nicht das Ziel meiner zwei Freunde eine Liste von Sehenswürdigkeiten abzuklappern. Im Gegenteil – das Motto lautet, die unbekannten Gesichter des Landes zu erkunden und Berge, Pässe und Täler zu bestaunen. Und so verlassen sie die Titicacaregion, wo sie von Bolivien her kommend nach Peru eingereist sind, schnell in Richtung Arequipa. Eine Piste führt sie durch karge Hochebenen, Puna genannt, der weissen Stadt am Fusse mächtiger Vulkane entgegen.


 
Im Süden von Peru

Im Zentrum von Arequipa stehen gut erhaltene Kolonialgebäude mit grosszügigen Innenhöfen und mächtigen steinernen Eingangstoren. Die Atmosphäre der Stadt mit vielen Restaurants und Kaffees sowie Museen und Kirchen ziehen eine Menge Touristen an. Am meisten beeindruckt hat Kathrin das Monasterio de Santa Catalina – quasi eine Stadt in der Stadt. Ein Gelände so gross wie drei Fussballfelder, umringt von einer hohen, dicken Mauer belegt das im Jahre 1579 gegründete Kloster. Die Töchter reicher Einwanderer wurden hier zu Nonnen ausgebildet. Je nach Stand und Reichtum brachten diese Frauen eine oder gar mehrere Dienerinnen mit ins Kloster, welche ihnen die Putz- und Kocharbeiten abnahmen.
Dieser Tage leben nur noch ein Dutzend Nonnen in einem kleinen abgeschirmten Teil der Anlage. Da heute die Mitgift der wohlhabenden Nonnen fehlen, trotzdem aber Geld für den Unterhalt des Klosters erwirtschaftet werden muss, wurde der Grossteil der Anlage zu einem Museum umfunktioniert. Die Gebäude sind gut erhalten obwohl mehrere Erdbeben in der Region in früheren Jahrhunderten grosse
Schäden angerichtet haben. Jede Nonnenkammer hat ihre eigene Küche, Wasserkanäle führten durch die Hauptgassen, ein Platz mit einem Brunnen lädt zum Verweilen ein, Obstgärten und gar ein Friedhof liegen in den Klostermauern. Wahrlich eine Stadt in der Stadt. Die Nonnen durften das Gelände nicht verlassen und Aussenstehenden war der Zutritt verwehrt.


Zum Cañon de Cotahuasi

Den berühmten, angeblich tiefsten und daher touristisch vollkommen ausgeschlachteten Cañon von Colca umfährt Andreas geschickt und steuert stattdessen den Cañon de Cotahuasi an, der ein paar hundert Strassenkilometer weiter nördlich liegt.
Auf dem Weg dorthin besuchen meine zwei Weggefährten die Stätte Toro del Muerto. An einem Berghang liegen über etwa vier Quadratkilometer verstreut grosse vulkanische Gesteinsbrocken, die mit Petroglyphen vollgekritzelt sind. Sie wurden zwischen 1300 bis 900 v.Chr. erschaffen und stellen geometrische Muster, Tiere und Menschen auf der Jagd oder beim Tanz dar. Über 3000 Zeichnungen haben Forscher gefunden, auf einem einzelnen Stein soll es gar 152 Figuren haben. Einen halben Tag lang durchforsten die Zwei die Gegend und entdecken immer neue Bilder.
 

Der Cañon de Cotahuasi ist ein unglaublich tiefer Taleinschnitt. Kathrin und Andreas erreichen den oberen Talrand auf knapp 4000 Meter, hinter ihnen erhebt sich der Vulkan Coropuna, mit 6425 Metern der höchste Vulkan Perus und vor ihnen fällt der Abgrund fast 2000 Meter in die Tiefe. Die Felswände sind steil und kahl, aber auf kleinen Terrassen haben die Menschen Dörfer gebaut mit treppenförmig angelegten Feldern drum herum – ein spektakulärer Anblick!
Drei Tage verweilen meine Reisegefährten um Cotahuasi, wandern am Talgrund zu einem Dorf, welches nur zu Fuss erreichbar ist, unternehmen eine Fahrt aus dem Cañon raus auf die Hochebene die ihn umgibt, vorbei an fantastischen Felsformationen und gelegentlichen Schneefeldern und besuchen mehrere der kleinen Dörfer, die wie Adlerneste auf den Felsvorsprüngen kleben.

500 Kilometer Luftlinie trennen Kathrin und Andreas von Cusco. Andreas sucht mit Hilfe des Navigationscomputers eine möglichst gerade Strecke aus. Ob er dieser dann genau folgen kann, steht noch offen, denn das Navi verrät ihm nicht sehr zuverlässig, um welche Art von Strassen es sich jeweils handelt. Vielleicht ist die eine oder andere überhaupt nicht befahrbar. Sehenswürdigkeiten im klassischen Sinn liegen nicht am Weg, dafür aber spektakuläre Landschaften. 
Schon nach einer Tagesfahrt gelangen sie an einen See, der üppig mit Schilf bestanden ist, sich aber in einer totalen Stein- und Kieswüste befindet. Nie und nimmer würde man hier einen See erwarten. Man glaubt eine Fata Morgana vor sich zu haben, so abstrakt wirkt das tiefe blau des Wassers und das frische Grün des Grases im grauen Einerlei der Steinwüste.
Am Tag darauf überqueren die Zwei mehrere Pässe von über 5000 Metern Höhe. Die Landschaft ist karg und trocken, die Pisten sind staubig, nur Lamas und Alpakas finden hier Gras.Die Hirten leben in primitiven Hütten und strecken bettelnd ihre Arme aus als die Zwei vorüberziehen.
Meine Freunde fahren vorbei an Minen mit grossen Abräumhalden, heissen Quellen, kleinen und grossen Dörfern, sprudelnden Bächen, Felsformationen und sehen sogar einen der seltenen Anden-Hirsche.


Touristenhochburg Cusco

Mit einer Tonne Staub im Auto erreichen Kathrin und Andreas nach einer Woche Cusco. Hier ist alles etwas geschniegelt und gestriegelt. Schicke Restaurant und Hotels reihen sich an Souvenirläden und Bars. Nebst den allgegenwärtigen billigen Strick- und Websouvenirs gibt es hier exklusive Wollgeschäfte, die Artikel aus Babyalpaka verkaufen. Diese Geschäfte passen eher nach London oder Paris als nach Peru. Trotz des Touristenrummels verbringen meine Gefährten ein paar Tage in Cusco und schauen sich die Strassenzüge des Zentrums an, welche viele koloniale, allesamt gut erhaltene, Bauten besitzen. Ihre Mauern stehen auf den uralten grossen Quadern, die die Inkas vor 600 Jahren gemeisselt haben. Ohne Mörtel und Zement, perfekt zugehauen und ineinander verankert überstanden sie die Jahrhunderte – Meisterwerke par excellence. 

In der Umgebung von Cusco besuchen Kathrin und Andreas mehrer Ruinenanlagen, welche mit dem Auto leicht erreichbar sind. Früh morgens haben sie die Stätten für sich alleine und die Stille strahlt eine mystische Atmosphäre aus welche, sobald die Tourgruppen mit ihren Guides antraben, verschwindet.
Aber schon bald sind die Zwei die Touristen wieder los, denn Andreas hat erneut gut recherchiert und eine spektakuläre Route ausgearbeitet, die sie ganz nah an Schnee- und Eisriesen vorbeiführt. Die Strassen sind lediglich geschottert, ungeheuer schmal und führen locker 2000 Meter auf einen Pass hinauf um gleich wieder 2000 Meter in die Tiefe zu tauchen – eine Achterbahn, auf und ab und mit tausend Kurven und hunderten sensationellen Ausblicken. In einem Seitental steht plötzlich ein kleiner Wald von Puya raimondii Pflanzen vor ihnen. Dies ist eine seltene Pflanze aus der Gattung der Bromelien, mit einem bis zu 8 Meter hohen Blütenstand. Nur einmal in ihrem bis zu hundert jährigen Leben blüht diese Pflanze. Dann aber prächtig, gleich ein paar Monate lang, mit tausenden von kleinen crèmefarbenen Blüten.


Auf den Spuren Deutscher Siedler
Ein Abstecher ins östliche Tiefland bringt Farbe in den etwas braunen Alltag der letzten Tage durch das trockene Gebirge. Über einen einsamen Pass mit urigen Felsformationen und einem Bergsee, der im Nebel fast verschwindet, erreichen Kathrin und Andreas Satipo, ein buntes Städtchen, welches auf nur 630 Metern liegt. Sie folgen nun einem Flusslauf, der sie durch dschungelbestandene Hügel führt. Wunderschöne Blumen und Bäume blühen am Strassenrand und versprühen ein regelrechtes farbiges Feuerwerk. Farnbäume, Bambus und viele uns Dreien unbekannte Pflanzen wuchern im Urwald. Wasserfälle stürzen die Hänge hinab und auf den überall gerodeten kleinen Feldern wachsen Bananen und Passionsfrüchte – eine komplett andere Welt.
In Oxapampa und Pozuzo haben sich vor 150 Jahren Deutsche und Österreicher niedergelassen. Ihren neuen Lebensort erreichten sie auf einer odysseeähnlichen Reise. Ein ganzes Jahr benötigten sie von Europa bis in den peruanischen Dschungel. Schaut man die Leute etwas genauer an, erkennt man noch die deutsche Herkunft: Blonde Haare oder europäische Gesichtszüge, Schuluniformen die Dirndeln ähnlich sehen, die Architektur der Häuser oder die deutschen Strassennamen zeugen von der fernen Herkunft. Doch langsam nimmt der peruanische Einfluss überhand und die deutschen Traditionen verblassen.


Cordillera Huayhuash und Cordillera Blanca
Die Hitze im Tiefland ist anstrengend und Kathrin sehnt sich bald wieder nach der kühlen Bergluft. Die zackigen Gipfel der Cordillera Huayhuash ziehen meine Freunde wie ein Magnet an. In einer 10-tägigen Wanderung könnte man den Gebirgsstock umrunden, aber in letzter Zeit spielt das Wetter etwas verrückt. Statt klaren, blauen Himmel, wie es zu dieser Jahreszeit üblich wäre, hängen graue Wolken tagelang um die Berggipfel. Vielleicht ist dies eine Auswirkung des El Niño Phänomens. Auf jeden Fall ziehen Kathrin und Andreas es vor nur Tageswanderungen zu unternehmen. Dem Navi sei Dank, denn es zeigt den Beiden wie sie so nah wie möglich an die Berge heran fahren können um dann in ein paar Stunden den Fuss der mächtigen Eisriesen oder einen See wandernd zu erreichen. Nach der vielen Fahrerei der letzten Wochen tut es den Beiden gut, mal wieder die Beine zu bewegen, einen Rucksack mit einem Picnic drin zu tragen und die Ruhe in den Bergtälern zu geniessen.

Auch in der Cordillera Blanca etwas weiter nördlich unternehmen die Zwei ein paar Wanderungen, obwohl sie dieses Gebirge vor einem Jahr schon intensiv kennen gelernt haben. Für mich  sind das jeweils ruhige Tage in denen ich im Auto rumfläzen und mich richtig ausbreiten kann, denn Wandern ist nicht mein Ding.
 
Die Cordillera Blanca hat vier hohe Pässe, welche den Gebirgskamm jeweils von Ost nach West überqueren. In tausend Kurven überqueren wir mehrmals den Andenkamm über Pässe von jeweils etwa 4800 Metern. Und ich muss sagen, es lohnt sich! Wir werden mit aussergewöhnlichen Aussichten und Weitsichten verwöhnt. Auf dem südlichsten Pass sehen wir im Norden die 6000-er der zentralen Cordillera Blanca und in der Ferne gen Süden die Gipfel der Cordillera Huayhuash. Auf 4700 Metern verbringen wir eine eisige Nacht – das Andenglühen zum Sonnenuntergang macht die Entbehrung jedoch wett.
Auf den zwei nördlichen Pässen führt die Strasse ganz nah unter den mächtigsten Gipfeln durch. Der Huascarán ist mit 6768 Metern der höchste Berg Perus. Daneben erheben sich weitere Eisriesen, die uns ganz klein erscheinen lassen. Die Pässe mit 4700 Metern sind höher als das Matterhorn mit seinen 4478 Metern und von der Passhöhe aus geht es nochmals 2000 Meter höher bis zum Gipfel! Es ist unglaublich, dass man diese Bergwelt und solch grosse Höhen so einfach erreichen kann. Man drückt das Gaspedal und los geht’s, das Auto bringt einen überall hin, ohne Anstrengung. 


Perus Norden

Eine ganz andere Landschaft erwartet den Reisenden im Norden Perus. Die Cordillera Blanca endet ziemlich abrupt, dahinter folgen einige sehr tiefe, trockene Täler und dann flachen die Berge ab. Die Landschaft wird grüner, je weiter man nach Norden fährt, bis Reisfelder und Zuckerrohrplantagen an der Grenze zu Ecuador auftauchen.
In der Gegend um Cajamarca und Chachapoyas verweilen Kathrin und Andreas nochmals ein paar Tage und besuchen verschiedene Ruinen. Marca Huamachuco und Kuélap sind zwei der grösseren Anlagen, die sie sehr beeindrucken. Beide sind auf einem Plateauberg erbaut worden, der perfekt verteidigt werden konnte.
Sie besuchen Wasserfälle, eine 540 Meter lange Höhle mit Stalaktiten und Stalagmiten und verschiedene Felsengräber. Letztere sind spektakulär: Die Menschen aus früheren Zeiten haben ihre Toten mumifiziert und sie in Tongefässen, die die Form von Figuren haben, eingebettet. In hölzernen „Rucksäcken“ transportierten sie diese Gefässe in die senkrechten Felswände – man weiss bis heute nicht, wie sie dies geschafft haben.

Vor 20 Jahren, als Kathrin und Andreas das erste Mal durch Peru reisten, galt dieses Land als gefährlich. Die Aktivitäten des Sendero Luminoso (Leuchtender Pfad) führten zu zahllosen Unruhen und kriegsähnlichen Auseinandersetzungen. Viele Landesteile waren gesperrt. Somit erhielten die Zwei nur einen oberflächlichen Eindruck von Peru. Heute ist die Situation ganz anders. Peru zeigt sich von seiner friedvollen Seite. Die Vielfalt an Sehenswürdigkeiten und Landschaften ist unermesslich. Die Menschen sind sehr freundlich, fast alle winken und grüssen zurück. Sie sind interessiert und fragen uns nach dem Wohin und Woher und lassen sich von unserem rollenden Gefährt begeistern.

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