Der Südosten - Die fantastische Reise des Froschs

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Der Südosten

Reisenotizen > Australien



April & Juni 2015


Victoria & New South Wales






Victoria und New South Wales sind vor allem bekannt durch Sydney und Melbourne sowie lange Sandstrände und spektakuläre Küsten, welche sich gut zum Surfen eignen. Der „Lonely Planet Australia“-Reiseführer berichtet denn auch hauptsächlich über den Küstenstreifen. Kathrin und Andreas wollen jedoch nicht noch weitere Sandstrände aufsuchen, da es erstens Winter und zu kalt zum Baden und Draussensitzen ist, und zweitens haben sie gewiss schon sechs mal den in Werbeprospekten als allerschönsten Strand Australiens angepriesenen, gesehen. Es wird wohl auch im Land der Superlativen nicht noch besser kommen können, oder?

So hängt sich Andreas über die Karten auf dem Navigationsgerät um spannende Gegenden ausfindig zu machen. Nationalparks etwa, oder Gebirge mit kleinen Strassen. Kathrin versucht ihr Glück in den Touristenbüros, was aber meist nicht sehr ergiebig ist. Die lieben Damen der Infostellen kennen nur ihr Städtchen und vielleicht noch den Umkreis von 10 Kilometern. So stöbern sie jeweils erst kurz vor einem Nationalpark eine Parkbroschüre auf, in der sie herausfinden, was man überhaupt unternehmen könnte. Eine etwas frustrierende Situation, aber trotzdem sind Kathrin und Andreas im Nachhinein zufrieden über die vielen Eindrücke, die sie in den drei Monaten in Victoria und New South Wales sammeln konnten. Australien ist wie eine Wundertüte, überall gibt es etwas zu entdecken und erforschen.



Victoria

Der Höhepunkt Victorias waren für Kathrin und Andreas nicht etwa die „Apostel“an der Südküste die quasi ein „Muss“für die meisten Touristen sind. Nein, meine zwei Reisegefährten sind und bleiben Bergziegen und der Alpine Nationalpark hat es ihnen angetan. Auch wenn es für die Australier ihr Hochgebirge ist, so bleibt es, nach europäischen Massstäben, ein Mittelgebirge.

Und trotzdem ist die Region ungemein spannend. Nirgends sonst hat Andreas so viele schwierige Pisten gefunden wir hier. Auf extrem steilen Tracks, die unser Landcruiser nur noch mit allerletztem Schnauf schafft, klettern die beiden hoch auf Bergkämme. Dort oben geht es auf schmalen Pfaden weiter wobei gewaltige Aussichten auf sie warten. Gar oft musste Kathrin zu Fuss vorausgehen und abchecken, ob der Track zum Befahren nicht zu steil wird, oder Matsch den Abstieg nicht rutschig und unpassierbar macht.

Die faszinierenden Eukalypten mit den leuchtend weissen Stämmen, die in den Höhenlagen bis auf 2000 Metern wachsen sind Snow Gums - ein treffender Name! Viele hübsche Waldlichtungen laden zum Verweilen ein und Camps an Wasserläufen bieten tolle Nachtplätzchen. Eine überaus wilde und ursprüngliche Landschaft ist hier erhalten geblieben.

Überbleibsel der frühen Holzindustrie begeistern Andreas. Er guckt sich gerne die Ruinen von alten Dampfwinden und -Lastzügen an. Auf Infotafeln wird erklärt, wie die Menschen zur Holzfällerzeit vor 80 bis 150 Jahren lebten und arbeiteten. ist es Herbst und in der Höhe durchzittern wir drei den ersten Bodenfrost. Andreas kramt seine Daunenjacke hervor, Kathrin die langen Unterhosen und dicken Socken. Wir hätten ja auch eine Heizung, aber Andreas sträubt sich hartnäckig dagegen in Australien, dem Land des angeblich ewigen Sonnenscheins, die Heizung anzumachen. Ich glaube aber, es hat eher damit zu tun, dass er die Heizung vor Inbetriebnahme erst putzen müsste, da sie vom vielen Wüstensand und Staub verstopft ist…



In einer anderen Ecke Victorias sind wir auf uralte, erodierte Vulkane gestossen. In einer hügeligen Landschaft würden diese gar nicht auffallen, so abgetragen sind sie, aber der Westen von Victoria ist topfeben und da ragen sogar diese kleinen Vulkanerhebungen über den Horizont hinaus.
An einem Kratersee finden wir Brombeeren und schnell ist eine Schüssel gefüllt. Kathrin geniesst sie im Müesli, Andreas zum Dessert mit Joghurt und für uns zwei Männer (ja, ich scheine ein maskulines Exemplar zu sein) bäckt Kathrin sogar einen Bisquitkuchen mit Brombeeren. Ach wie gut es uns doch geht!
Aus den vulkanischen Gesteinsbrocken wurden vor mehr als 100 Jahren Trockensteinmauern gebaut, um Felder und Weiden einzuzäunen. Noch heute sind diese Mauerkunstwerke zu sehen. Diese kleinen Erlebnisse sind es, die Kathrin und Andreas immer wieder begeistern.

Eines Abends, als ich schon in den Federn liege, höre ich ein Grunzen, es tönt als sei ein unbändiges Wildschwein in der Nähe und schnell krieche ich zu Kathrin unter die Decke (erneut ein Beweis, dass ich nicht feminin bin!). Das ist mir ja gar nicht geheuer. Am nächsten Morgen erklärt uns ein Parkwächter, dass Koalas solche Laute von sich geben, wenn sie sich paaren. Nun ja, schon ein wenig gewöhnungsbedürftig dieses viele Gejaule und Gestöhne, sehen sie im Ruhezustand doch stets so brav und putzig aus.



Der Murray River ist der längste Fluss Australiens und bildet die Grenze zwischen Victoria und New South Wales. Auf unserer Reise haben uns so viele Australier von dieser Region vorgeschwärmt, dass wir eine Fahrt entlang des Flusses in unsere Route einbauen. Im Sommer ist Hausbootmieten der grosse Renner, aber nun im Herbst ist der Fluss wie ausgestorben, keine Kanus, keine Dampfschiffe, nur ein paar Fischer verirren sich an das außerordentlich gewundene Ufer.

Das Wasser ist eine braune, undurchsichtige Brühe, die Böschung braun und meist matschig, die Bäume sind laub- und farblos. Mit viel Fantasie können wir uns vorstellen, wie es hier im Sommer aussieht. Für Wasserfans und Camper muss es ein Paradies sein. Alle paar hundert Meter finden wir ein Camp mit Feuerstelle und Holz ist zur Genüge vorhanden. Die River Red Gums, eine Eukalpytusart mit ausladenden Ästen und schönem rotem Holz, bilden einen attraktiven Wald entlang des Flussufers.


Melbourne

Melbourne ist ein Schmelztiegel aus neu und alt, eine bunte Mischung der verschiedensten Nationen und Kulturen. Es gibt die Stadtviertel der Chinesen, der Vietnamesen, der Griechen und einige anderer. Doch die kulturelle Vielfalt ist über die ganze Stadt verteilt. Die Quartiere sind wie kleine Dörfer, jedes mit seiner eigenen Identität, die zu einer grossen Einheit zusammengewachsen sind. So hat jeder Bezirk seine Hauptstrasse mit hübschen Läden, gemütlichen Cafés und fremdländischen Imbissbuden. Neben dem Irishpub gibt es die Dönerbude oder den Fish & Chips Shop, das Thailokal oder das Sushi Take-away. Kleidergeschäfte reichen von gestylt über praktisch, zu hippie und secondhand. Die Strassen sind voller Menschen und nur wenige scheinen im Stress zu sein. Das Zentrum von Melbourne ist ein Gemisch aus viktorianischen Gebäuden und moderner Glas- und Metallarchitektur.

Nebst den breiten Einkaufsstrassen mit Geschäften, die die weltweit bekannten Labels anbieten findet man kleine Gassen, mit alten Arkaden, in denen sich kleine, herausgeputzte Läden eingenistet haben.Docklands sind nicht weit von den Hauptgeschäftsstrassen entfernt. Früher ein schmutziges Industriequartier, heute ein modernes Wohn- und Arbeitsviertel inklusive Yachthafen.dem Victoria Markt werden in Hallen aus dem 19. Jahrhundert Gemüse, Früchte, Fleisch und Fisch sowie Kleider und Haushaltwaren zu günstigen Preisen angeboten. Ein buntes Treiben herrscht hier.zwei Tagen haben Kathrin und Andreas zwar noch nicht genug gesehen, aber ihr Bedarf an Verkehr und Konsumwelt ist vorerst mal gesättigt.

New South Wales

New South Wales hat so viele Nationalparks wie wohl kein anderer Staat Australiens und Kathrin und Andreas können sich nur schwer entscheiden, welche sie besuchen wollen. Nebst den Parks entlang der Küste, die Heide- und Dünenlandschaften schützen, gibt es im Inland Regenwälder und unzählige Granitsteinformationen zu besichtigen. An der Küste ziehen zu dieser Jahreszeit die Wale gen Norden und dieses Schauspiel möchte sich Kathrin nicht entgehen lassen. Tatsächlich erspähen die Zwei eine Herde Buckelwale von einem Aussichtspunkt aus. Die Meeresriesen speien Wasserfontänen in die Luft und schlagen Purzelbäume, es ist ein außergewöhnliches Schauspiel und mit dem Fernglas gut zu beobachten.
Im Zickzackkurs ziehen die Zwei gen Süden, Sydney entgegen, von wo aus der Landcruiser weiterverschifft wird. Am Wegesrand liegen Nationalparks mit den Namen wie New England, Cathedral Rock, Girraween, Willy Willy, Yenga und Blue Mountains.
Andreas und Kathrin tauchen ein letztes Mal in diese Vielfalt der Natur ein. Auf 75 Jahre alten Pfaden - was in Australien zum ganz alten Inventar gehört - wandern sie im New England Nationalpark durch einen der schönsten Regenwälder, den sie je betreten haben. Flechten hängen von den Bäumen, die Steine sind dicht bedeckt mit leuchtend grünen Moosen, Lianen und andere Ketterpflanzen wuchern und Wasser tropft in kleinen Rinnsalen über Felswände. Die Luft ist feucht und schwer zum einatmen.

Zwei Tage später erklettern die Zwei Granitfelsen im Girraween Nationalpark, die von Wind und Wetter in skurrile Formen erodiert wurden. Pilzförmige Steine stehen neben perfekt gerundeten Felsen, die nur noch auf einer kleinen Spitze stehen und nächstens runter zu rollen drohen. Eine wundersame Welt. Und überall sind Wanderwege angelegt die einem zu spektakulären Aussichtspunkten führen.

Zum Abschluss sind die Blue Mountains an der Reihe. Kathrin hat sich darunter ein paar Hügelzüge mit Wanderwegen vorgestellt. Umso überraschter ist sie, als tiefe Täler mit einer Schichtstufenlandschaft zu ihren Füssen liegen. Wasserfälle stürzen über senkrechte Felswände und der Wettbewerb der frühen Tourismusregionen haben zu Beginn des letzten Jahrhunderts zur Anlegung kühnster Wanderwege geführt, welche teilweise in die Felswände gemeisselt wurden.
Sogar hier, quasi im Vorgarten Sydneys ist es möglich abgelegene, kaum besuchte Regionen zu finden. Der Tipp eines Einheimischen, dessen eingegrabenen 4x4 die Beiden in den Blue Mountains aus dem Sumpf ziehen, führt sie zu einem traumhaften Campplätzchen, an dem sie ihren baldigen Abschied von Australien verarbeiten können. Da es kalt ist, sammeln sie ein letztes Mal Holz, grillen ihre Steaks, essen mit Weitblick über ein stilles Tal und lassen am Feuer die Reise ausklingen.


Ich merke schon, den Beiden rennt die Zeit davon. Ihre Neugierde ist grenzenlos, mir scheint, sie können nie genug sehen. Auch wenn ich sie ab und zu lästern hörte über die Bürokratie Australiens oder über die dummen Werbeschilder oder über die Qualität von so manchem Lebensmittel, am Schluss nimmt immer das Positive überhand. Und ich weiss genau, hätten sie die Möglichkeit zurückzukehen, sie würden nicht zögern und ein drittes Mal eintauchen in dieses gewaltige, vielseitige und faszinierende Land.

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