Wenn Reisen zum Alptraum wird - Die fantastische Reise des Froschs

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Wenn Reisen zum Alptraum wird

Reisenotizen > Reisegedanken

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Alptraum Reisen.../...organisierte Touren.....
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Wenn Reisen zum Alptraum wird...

......................oder Geschichten, von denen man nicht so oft vernimmt.


Hey, was kommt denn jetzt? Ferien, Rumreisen, was gibt es Schöneres? Einfach zurücklehnen, die Beine baumeln lassen und nichts, rein gar nichts tun. Ja, wir sind in dieser Lage, seit Wochen, Monaten, bald schon Jahren. Was will man da noch mehr?

Gewiss, nicht jeder kann sich ein halbes Leben lang ohne zu Arbeiten um die Welt treiben lassen. Es mag an der Zeit, den Finanzen oder auch dem Mut dazu fehlen. Doch was bedeutet es eigentlich ein Langzeitreisender zu sein? Was heisst es, mit einem schmalen Budget auskommen zu müssen, wie gestalten sich die Tage, wo sind die Freuden, wo die Probleme?

Ohne Zweifel, wir lieben es unterwegs zu sein, die Freiheit zu geniessen, Menschen und Kulturen kennen zu lernen. Jeder Tag ist eine Überraschung, voller kleiner und grosser Freuden. Doch es wäre ein Trugschluss zu glauben, unser Weg sei vergleichbar mit einer vom Reisebüro geplanten, durchorganisierten, voll abgesicherten Urlaubreise. Jedem der meint, es sei doch keine Kunst Ferien zu machen, empfehlen wir hier ein wenig weiter zu lesen:

Unserer Verschiffung von Japan nach Australien ist in 21 Tagen. Vorgestern kam die Mail, dass unser Auto nun definitiv auf der Grand Sea, einem Autotransportschiff der K-Line, einen Platz erhalten hat. Okay, die Mails kommen in unserem Fall nicht ganz so einfach zwischen Weckruf und Zmorgengipfeli rein: Nein, geschlagene drei Stunden Fahrerei im Verkehrschaos der 20 Millionen Metropole Tokios dauerte es, um endlich ein 7-Eleven Geschäft auszumachen, denn nur in diesen Läden haben wir die Möglichkeit aufs Internet zu kommen und unsere Mails abzurufen.

Okay in Downtown Yokohama finden wir ein 7-Eleven, die Mails sind, nachdem man innert nervtötend langen 5 Minuten den Internetzugang endlich erhalten hat, „im Kasten“. Und siehe da, was schreibt unser Schiffsagent?

„Sorry, Grand Sea cannot take your car because of personal luggage and quarantine problems.“

He? Was soll das denn? Wir finden schnell heraus, dass wir keinerlei persönliches Gepäck im Auto lassen dürfen, das heisst nun also, dass wir vom Wagenheber über Bergungsgurte, Pfannen, Geschirr, Proviant, Reservemotorenöl, Ersatzwasserpumpen, Silikontube, Werkzeugkasten, Kissen, Matratze, Fotokrempel bis hin zu Winterklamotten und Unterhosen alles ausräumen müssen? Super, und was soll denn Quarantäne bedeuten? Schnell bitten wir den Agenten per Mail um eine kurze Auskunft. Klick und die Mail ist weg, oder doch nicht?

Auf dem Computer Display blinkt ein roter Button, vollgekritzelt mit japanischen Hieroglyphen. Schnell mal google Translater gefragt, was das soll. Aber halt, das Internet ist gar nicht mehr zugänglich und somit ist unsere Mail auch nicht weg. Kurzum; wir machen uns auf die Suche nach jemanden, der uns in irgendeiner anderen Sprache als Japanisch erklären kann, was das zu bedeuten hat. Dass das nicht in 5 Minuten gemacht ist, versteht sich von selbst.

Japan, das hoch technisierte Land, überall „Electronics“ und futuristische Züge, Autos und Menschen, die in ihre „latest of the Art“ Telefone oder was auch immer vertieft sind. Doch hier trügt der Schein: Reisende wie wir haben beispielsweise keine Möglichkeit eine SIM Karte fürs Handy zu kaufen. Somit gibt's erst mal keine SMS zu Mama und Papa und natürlich auch keinen Datenverkehr, sprich E-Mail Kontakt.
Dann halt einfach beim nächsten Hotspot ins World Wide Web! Weit gefehlt, gibt es hier, vor allem wo wir unterwegs sind (sprich Pampa) keine und wenn, dann melde dich mal ins Netz an, wenn auf dem Computerdisplay nur noch bunte Japanische Schriftzeichen herumtanzen! Okay, wir haben es trotz alledem fertig gebracht bei Starbucks (dessen Filialen extrem dünn gesät sind) und bei 7-Eleven eine dauerhafte Anmeldung zu bewerkstelligen. Das heisst wir können nur dort aufs Netz, wo diese Geschäfte zu finden sind. Ja und das bedeutet halt auch mal eine Woche oder so ohne Zugriff auf das Weite Welt Web zu sein und vom Informationsfluss abgeschnitten - oder wenn man will, befreit - zu sein.

Unser Reisebudget beträgt Euro 1000.- / CHF 1200.- pro Person pro Monat. Das muss reichen für Essen, Hotels, Diesel, alle Autoreparaturen, Anschaffungen wie Kleider und Ausrüstung fürs Auto, Eintritte, Krankenkasse, Autoversicherungen, Souvenirs, Ausflüge. Also eine ganze Menge Zeug für keine allzu grosse Menge Knete. Daher wird euch vielleicht klar, dass wir nicht jeden zweiten Tag im Hotel herumfläzen (und Internetzugang haben) (in Japan waren wir bis anhin erst 1x an meinem Geburtstag im Hotel), und uns auch nicht jeden Schnickschnack, wie unlimited Roaming oder so, leisten können.

Es stellt sich heraus, dass wir zu viele Daten oder so vom 7-Eleven Hotspot gesaugt haben und jetzt erst mal für ungewisse Zeit fertig ist mit Internet.

Super, in 19 Tagen sollte unser Schiff weg und nun haben wir eine Absage erhalten und können nicht mal nachfragen was das soll.

Doch für was schleppt man denn ein Satellitentelefon durch die Weltgeschichte? Wunderbare Idee, aber wo sind die Satelliten im Häuserdschungel zu finden? „Richten Sie die Antenne auf eine weite offene Stelle des Himmels“ jammert das Wundergerät. Okay, ab in die Karre und eine offene Stelle am Himmel gesucht.

„Biip, biip, biip“, keiner nimmt ab, klar doch.

Die Spannung wächst, was soll geschehen? Wir vertrösten uns auf morgen, Tag 18, um nochmals einen Versuch bei 7-Eleven zu machen.

Tag 18 ist angebrochen, E-mails gehen endlich raus! Wir verbringen den Tag wenig erbauend in der Nähe des Shops, immer wieder auf Antwort wartend, doch nichts geschieht und unseren Anruf per Satellitentelefon nimmt auch keiner entgegen.

Tag 17, wir klammern uns an einen Strohhalm, einen angeblich verlässlichen Mitarbeiter bei K-Line (unserer Verschiffungs-Company) jedoch in einer ganz anderen Ecke der Welt. Also kurzer Anruf nach Melbourne in Australien. Bla bla bla, wir erklären unser Problem, wobei unser Guthaben auf dem Satellitentelefon rasant schrumpft. Ja, sie werden sehen, dass sie da was machen können…

Tag 16, noch immer nichts vom hiesigen Agenten. Inzwischen haben wir einen Rettungsanker (hoffentlich ist es auch einer) ausgelegt. Wir ziehen eine viel teurere Verschiffung in einen anderen Hafen, den wir eigentlich gar nicht ansteuern wollten, mit einer ganz anderen Company in Betracht. Problem, dieses Schiff läuft in 7 Tagen aus, und wir haben unser Auto noch keine Spur für die Verschiffung vorbereitet, geschweige denn, eine Bleibe für die Tage ohne Auto, geschweige denn, Flüge nach Australien organisiert.
Hätten wir doch schon lange machen können, oder? Nein, denkste, wann soll denn unser Flug bitte sein? Wir wissen ja nicht, ob unser Auto verschifft wird, und so lange dies nicht in Butter ist und wir alle Papiere in den Händen halten, können wir auch nicht wegfliegen.

Schon mal einen Schlafplatz zwischen 20 Millionen anderen gesucht? Also ein Plätzchen, wo wir unser Auto über Nacht abstellen können und wo irgendwo die Möglichkeit besteht, Pinkeln zu gehen? Wir fahren, fahren, fahren. Nach einer Stunde werden wir endlich fündig, ein Gratisparkplatz neben einem Golfübungsplatz der momentan wegen der starken Regenfälle unter Wasser steht.
Dort erleuchten etwa zehn 200'000 Watt Scheinwerfer unser Nachtlager, aber so gegen 22:00 Uhr wird damit Schluss sein, so hoffen wir auf jeden Fall. Das Problem ist nur, dass wir unseren 7-Eleven Shop etwas gar weit hinter uns gelassen haben. Das heisst, tags darauf alles zurück zum Abrufen unserer Mails.

Nun, wie putzt man einen Offroader, nicht einen der in Züri City herumgurkt, nein, einen der sich durch den Schlamm der Mongolei und tausend anderer Orte gewühlt hat? Wir nehmen uns drei Tage Zeit, um allen Dreck, der sich irgendwo versteckt haben könnte ausfindig zu machen. Wir fegen das Innenleben mit schärfsten Putzmitteln, schrauben unsere Möbel auf, um an die verstecktesten Stellen zu gelangen, wir entsorgen alte Wasserleitungen und ersetzen sie mit sauberen neuen und pulen Staubkörnchen aus allen Ritzen und Fugen.

Wir nehmen unser Auto mit nach Australien, tolle Idee! Oder doch nicht? Wenn man bei uns mal kurz nach Frankreich rüber fährt, was geschieht da an der Grenze? Nichts, rein gar nichts, oder? Also nach Australien kann man bekanntlich nicht einfach so reinfahren, is ja 'ne Insel. Dann halt per Schiff, schwupp vom Kahn runter gefahren und ab zu den Kängurus! Nein leider nicht. Da gibt es unter anderem den harmlos tönenden Begriff der „Quarantine Inspection“. Das bedeutet, in kurzen Worten, dass unser Auto keinerlei Dreck bei der Einfuhr dran haben darf. Keinerlei? Ja keinerlei! Am besten nigelnagelneu.

Dann geht's ans Aussenleben: Ich liege stundenlang unter dem Auto und bürste mit der Zahnbürste, ja richtig gelesen, mit der Zahnbürste in den Chassishohlräumen herum, um sie vom Sand der verstrichenen 50'000km zu befreien, dann wird das Reifenprofil von Steinchen befreit, Seilwinde, Schneeketten, Sand Tracks und Sandbleche abgeschraubt und mit dem Dampfstrahler traktiert. Es folgt die Reinigung des Motorraumes, ein Ding der Unmöglichkeit dort Sauberkeit herzustellen. Zum Schluss, nachdem sämtliche Rillen und Vertiefungen mit Wattestäbchen ausgekratzt wurden, folgt die erneute Kärcher-Behandlung, das Einseifen, Polieren und Trocknen des Fahrzeugs. Unsere Putzaktion dauert lange, wirklich lange drei Tage in denen sich siebzig, ja richtig gelesen, siebzig Arbeitsstunden aufsummieren!
Okay, mal sehen ob das beim Quarantäne-Check standhält. Doch an diesem Punkt ist noch lange nicht fertig wie wir aus verschiedenen Internetquellen erforscht haben. Bevor's losgeht müssen wir einen Agenten finden, welcher unser links gesteuertes Auto versichert (Haftpflicht), denn ohne fährt man in Australien keinen Millimeter. Es folgt die MfK-, beziehungsweise TüV-Kontrolle. Erst wenn das Auto abgenommen ist und wir einen Pink Slip in den Händen halten, sollte unsere Reise in Australien losgehen. Sollte, denn dies sind nur die Hindernisse, welche wir im Vornhinein erahnen. Was dann effektiv bei den Ossies abgehen wird, erfahren wir, wenn wir vielleicht mal dort sind.

Okay, die Geschichte der Verschiffung ist noch nicht zu Ende.

Die andere Company hätte noch Platz auf ihrem Autofrachter, aber wir müssen zuerst einen Agenten finden, der die Papiere erledigt. Keinen Ahnung, ob das in der kurzen Zeit noch reicht.

An dieser Stelle müssen wir vielleicht mal erwähnen, dass wir bis spätestens Mitte Juli in Australien sein müssen, denn dann wollen wir dort meinen Bruder mitsamt Familie treffen. Ansonsten hätten wir ja alle Zeit der Welt, aber eben wir haben sie in diesem Falle nicht!!!

Wir schaffen es im Laufe des Nachmittages einen Agenten ausfindig zu machen, der sich unseres Problemes annehmen könnte. Die Geschichte geht also noch eine Weile weiter.

Nun ich erspare meiner werten Leserschaft weiteren Nervenkitzel. Ob wir es schaffen werden oder nicht, kann ich hier nicht schreiben, denn heute, ja jetzt gerade, ist Tag 15 (beziehungsweise Tag 6, wenn wir die andere Company nehmen) und alles, wirklich alles hängt in der Schwebe und uns brennt die Haut unter den Nägeln.

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Ja, so kann das wunderbare Leben des Langzeitreisenden aussehen. Wer nun glaubt, nur uns unterlaufen solche Geschichten, dem möchte ich hier die Reisenotizen zweier Kollegen zum Studium empfehlen. Der eine schildert seine Erfahrungen beim Grenzübertritt von Turkmenistan nach Usbekistan, der andere eine Autopanne inmitten Sibiriens. Letzter spricht uns voll und ganz aus der Seele, denn seine Erlebnisse widerspiegeln die unsrigen und könnten besser nicht geschrieben sein:


http://eurasia13.wordpress.com/2013/06/02/from-ancient-to-brand-new-capital/

At the border we started the usual procedures only to find out after half an hour that the USD 100 penalty for exiting Turkmenistan 1 (!!!) day late had just gone up to USD 430. First of all we didn't trust the immigration guys in how they got to this horrendous amount suddenly, and their attitude didn't make things better. Secondly, we're running out of cash and have more cash countries ahead of us. So we started to ask questions, called the German consulate in Ashgabat. Nothing to do. Only deportation would have been free, but we learned that this would have been notified to the other central Asian countries' borders, causing more trouble. When the immigration guy told me we wouldn't be allowed into the country for five years we thought “who the heck would want into this place again for the rest of our lives after this experience?”

We paid the hefty fine, promising to file a complaint with the authorities. But then we were put into a room and asked to write a “confession” on a piece of paper or face bureaucratic problems and loose more time. Also, we wouldn't get a copy of the documents they wanted us to sign. It was already 11:30, delays would have meant one more lost day, more “straf”, more “stress”. We called the embassy again. Finally a civilian immigration officer showed up and we closed the matter. 12:00. After immigration came customs, we had to take every single item out of the car again, check the car, re-pack. This trip is testing our limits of patience, of zen moments, of keeping your cool when all you want is leave, but you can't. At 13:00 we left Turkmenistan, with a heartfelt “f**k off” sent back to the border guys as we drove to the Uzbek checkpoint. More paperwork, more questions, we had to count every single bill of foreign currency and declare it. Strangely our car didn't get checked. After almost 2h of waiting we were starving and went to the car to eat something. Suddenly one of the border officials came to us, [...]



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http://www.roadtosomewhere.de/russland/bam-road-ein-sehr-langer-4x4-track

Dass Sibirien voller Mücken ist, war klar. Aber, dass es so viele sind und dazu sich noch Sandfliegen (beißende Mini-Fliegen) und Bremsen gesellen, dass konnten wir uns so nicht vorstellen. Morgens und Abends ist jeweils Schichtwechsel, die einen Blutsauger werden weniger, dafür kommen die Anderen so richtig in Fahrt.[…]

Als wir diesen herrlichen Ort verlassen mussten, ließ sich plötzlich der Gang nicht mehr einlegen und die Schleifgeräusche klangen gar nicht gut. Wir konnten vorerst nicht viel machen und wollten irgendwie bis zum nächsten Kaff kommen. Gerade so bekamen wir den Gang noch rein. Da die Kupplung nicht trennte, bedeutete das, dass ab jetzt kein Anhalten mehr möglich ist. Das wiederum hieß, dass ein Haufen Rennerei auf Gunter zukommt. Auf der Motorhaube sitzend beobachtete er den Weg und vor jedem Hindernis sprang er ab, rannte voraus und musste sich schnell für den richtigen Weg entscheiden. Der Toyo kam langsam aber unaufhaltsam immer näher … „Brücke oder Fluss, Brücke oder Fluss … ääähmm?“, hächel, hächel … „… ist die Brücke OK? Wo ist sie am wenigsten kaputt? Kommt der Toyo da heil rüber? Oder doch besser durch den Fluss?

Wie sieht überhaupt das Flussbett aus?“ Hächel, hächel, rüber- und runterrennen - glotzen … „Hachhh, Claus ist mit dem Toyo schon da! Mist … ääähhh, rechts, nein links über die Brücke … haaalt - nein, geht ja nicht!!“ So ging das ca. 60km dahin, ohne Stillstand, immer rollen, rollen, rollen. Zum Glück war der Streckenabschnitt für BAM-Verhältnisse recht einfach. Ooohhh mannn, ein paar Aktionen und dabei noch Fotos und filmen … voll krass. Gunter war schon lange nicht mehr so fertig.

Das ging so lange gut, bis wir am Gleis entlang fahren mussten und uns ein Gleisarbeiter-Truck im Weg stand. Wir mussten stehen bleiben und es ging nichts mehr. Es war gerade Feierabend und so schleppten uns die Kerle bis zur nahe gelegenen Bahnstation ab.

Das war das erste Mal, dass der Toyo defekt am Abschleppseil hing. Unsere Karre stand nun direkt am Gleis bei der Bahnstation Sylban. Die existiert eigentlich nur, weil dort Ausweichgleise für die Gegenzüge sind. Ansonsten ist da nicht viel los. Die Kerle waren schon in Trinklaune und einer, Vasili, nervte ganz besonders mit seinem Schnaps-Durst. Schnaps war das einzige Wort das er kannte. Außerdem sei die Brücke eingestürzt, der Fluss zu tief und wir kommen alleine eh nicht rüber. Dieser Vasili lud uns auch zu sich nach Hause im nächsten Kaff namens Kuanda ein.

Pötzlich kam Bewegung in die Bahnarbeiterbude. Es kam ein Zug mit einem Personen und einem Güterwagon. Vasili steckte unsere [inzwischen ausgebaute? Anm. AK] Kupplungsscheibe in seinen Rucksack und meinte ständig „Dawai, Dawai … los, wir müssen einsteigen…“ Er werde uns helfen. Uns taugte das überhaupt nicht, da wir völlig unvorbereitet waren und nur das dabei hatten, was wir gerade am Leib trugen. Wir hatten keine Ahnung, wie weit das Kaff weg ist und ob das was kann. Was wird aus unserem Auto da irgendwo an den Gleisen? In der Karre war alles. Pässe, größere Geldsumme, Laptop, Fotokram, vor allem die Festplatten mit dem Filmmaterial - die Liste ist ewig lang.Wir lassen sehr, sehr ungern unsere rollende Hütte einfach irgendwo stehen. Zeit zum überlegen hatten wir kaum. Schließlich standen wir in der Pampa und irgendwas musste jetzt passieren. Es nützte nichts, wir stiegen ein. Die falsche Entscheidung wie sich herausstellen sollte …

Zum Glück saß in unserem Abteil Irina. Sie fragte gleich was los sei, verstand sofort die Situation und machte sich auch gleich daran, Vasili zu erklären, dass er in Kuanda rein gar nix tun könne und dass er wohl ja nur Saufkumpanen suche. Mittlerweile waren er und einige der Gleisarbeiter ziemlich angeheitert. Vielleicht hat er es tatsächlich gut gemeint, aber es stimmt schon, zum Feiern und saufen hatten wir weder Lust noch Zeit.
So blieben wir im Zug sitzen und fuhren bis Taksimo, wo Irina wohnte. Sobald sie wieder Handyempfang hatte, versuchte sie Leute zusammenzutrommeln und irgendwie zu helfen. Die Bahnfahrt dauerte ewig. Mit jedem Kilometer fühlten wir uns unwohler, da wir auch gar nicht wussten wie es weiter gehen soll. Weder wussten wir was genau mit der Kupplung ist noch wussten wir, was für Ersatzteile benötigt werden. Was sollen wir jetzt also in Taksimo? Wir sollten besser am Toyo sein und nachschauen, was denn eigentlich defekt ist. Vielleicht brauchen wir ja gar keine Ersatzteile. Sollte es tatsächlich nur die Kupplungsscheibe sein (was wir zwar nicht vermuteten), dann hätten wir alle Teile. Denn wir schleppen schon seit Ewigkeiten die damals 2003 beim Toyo Auf- und Umbau gewechselte Kupplungsscheibe mit uns herum. Eigentlich ist die noch in einem recht gutem Zustand.

Wir lernten Galina kennen. Galina ist Ende 60 und wirklich gut drauf. Eine sehr aktive und lebenslustige ältere Dame. Die ehemalige Russischlehrerin Irinas nahm uns bei sich auf. Die Situation war für uns schon ein bisschen seltsam, aber Galina machte es uns mit ihrer Art recht leicht, auch wenn wir vieles nicht verstanden was um uns herum so passierte. Wir verabredeten uns mit Irina für den nächsten Tag, aber wir schliefen nicht gut.

Es kam so, wie es kommen musste. Immer mehr Leute waren involviert und nun wollte man wissen, was wir für Ersatzteile benötigen. „Tschjaaa … das ist ne wirklich gute Frage!“ Unabhängig davon, dass wir dies nicht beantworten konnten, brauchten wir auch einen Internetzugang, um die eventuell benötigten Teile herauszusuchen. Das wäre gar nicht nötig gewesen, hätten wir in aller Ruhe unseren Krempel zusammenpacken können. Auf dem Notebook sind alle dafür notwendigen Informationen. Gut wäre auch gewesen, hätten wir nachschauen können, was genau defekt ist. Aber es war, wie es war. Wir also zur Polizei, wo Irina einen Freund hatte und wir dadurch Internetzugang hatten. Zwischendurch versuchten wir immer wieder klar zu machen, dass wir zu allererst zurück zum Auto müssen. Alles andere mache keinen Sinn. Die Verständigung war eh schon schwierig, aber erschwerend kam noch hinzu, dass sich niemand vorstellen konnte, wie die Karre aussieht, dass wir darin pennen und kochen können. Ebenso traute uns keiner zu, dass wir die Kupplung dort draußen in der Taiga alleine reparieren könnten und niemand glaubte uns, dass wir auch noch das notwenige Werkzug dabei haben. Das sprengte definitiv ihre Vorstellungskraft. Wenn bei uns jemand dahergelaufen käme, der genauso aussieht wie wir Menschen und dann behauptet er käme aus einem uns noch völlig unbekannten Sonnensystem und müsse einfach nur zurück zu seinem Raumschiff um pünktlich zum Abendbrot zu Hause zu sein, dann würden wir wahrscheinlich den Notruf wählen. Wir glauben, dass uns alle für Spinner gehalten haben. Irina meinte immer nur: „Das ist Sibirien, nicht Afrika, viel schlimmer!“…

Wie auch immer, dieser Wunsch zurück nach Sylban zu kommen schien nicht erfüllbar zu sein. Nach einigen weiteren Missverständnissen kam Grischa, der Teileorganisator. Hier erfuhren wir, dass die Teile aus Irkutsk mit dem Flugzeug eingeflogen würden … „Ooohhh man, das wird ja immer besser.“ Vor allem wenn man bedenkt, dass wir hier auf Verdacht bestellen würden und das die ganze Aktion garantiert nicht billig wird. Wie lange wird das dauern? Wir müssten dann mehrfach mit dem Bummelzug stundenlang hin und her gondeln! Wie oft fährt überhaupt ein Zug? Jedes Mal dauert eine Richtung dann den ganzen Tag! Wie bekommen wir die Info, dass die Teile da sind? Schließlich gab es kein Mobilfunknetz am Toyo! Kommen dann auch die richtigen Teile und vor allem; Benötigen wir die alle überhaupt????…

Die Situation war alles andere als komfortabel. Wir machten abermals deutlich, dass wir als aller erstes zurück zum Auto müssen. Irgendwie schien das aber nicht zu gehen. Weil Wochenende ist? Keine Ahnung. Dann kam der Aha-Moment. Es fährt nur ein Mal täglich ein Zug, der auch an der Bahnstation Sylban hält (kein Mensch wohnt dort). Einer in aller Frühe von Taksimo nach Khani und am Abend kommt er dann zurück. Der Zug war also schon weg. So blieb uns nichts anderes übrig, als einen weiteren Tag tatenlos verstreichen zu lassen. Und das immer mit der Gewissheit, dass unser Liebling, unser Zuhause da irgendwo in der Pampa steht. Der Kühlschrank ist voller Leckereien, auch für Bären. Wir hatten schon mal einen Bären in Alaska, der an unseren Kühlschrank wollte und dabei das Auto so durchgeschüttelt hatte, dass wir aufwachten. Uns gingen noch viel mehr Gedanken durch den Kopf, die nicht dazu beitrugen, etwas zur Ruhe zu kommen. Schließlich pennten wir in der Schule, da sich Galina dort als Nachtwächterin ihre Rente aufbesserte.

Zuvor machten wir noch einen Rundgang durch Taksimo, kauften Lebensmittel ein. Galina riet uns zu allerlei Lebensmitteln, die wir zum „überleben“ da draußen bräuchten. Wir erklärten ihr bestimmt zum 100ten Mal, dass wir ein vollen Kühlschrank und einen Herd haben. Galina blieb skeptisch, zeigte uns noch die essbaren Samen der Tannenzapfen von der für Sibirien typischen Zirbelkiefer (Kedr) und das essbare Innere der frischen Triebe. Sie machte sich offenbar echte Sorgen. Nach zwei Tagen Taksimo verstanden wir nun endlich auch, dass das hier sehr oft verwendete Wort „norrrmalnja“ Gut bedeutet. Im Wörterbuch steht da: normal … das ist schon sehr bemerkenswert, wenn normal gut bedeutet …voll normal!

Am nächsten Morgen warteten wir unruhig auf den Zug zurück nach Sylban zum Toyo … und ihr wisst ja wie das ist, wenn man auf etwas wartet …?!! Dann endlich kam der Zug. Ein Schlafwagen und ein Güterwagon. Weil Sonntag war, waren wir fast alleine im Zug. In Russland gibt es in Zügen immer eine Abteilverantwortliche. Diese lud uns auf einen Tee ein und wir unterhielten uns. Somit wurden die 6,5 Stunden Zugfahrt (mit 1,5h Aufenthalt in Kuanda) verkürzt und außerdem konnten wir uns die zwei bevorstehenden Flüsse und Brücken begutachten. Klar, die bei Kuanda war eindeutig eingestürzt. Aber die Vitim-Brücke machte auf uns einen passablen Eindruck, was zugleich unsere Laune erheblich verbesserte. Zum Abschied bekamen wir von der netten Zugbegleiterin noch ein Glas eingelegten wilden Knoblauch geschenkt. So sind sie die Russen…

Gleich nach der Ankunft am Toyo machten wir uns an die Arbeit, schließlich war es ja schon wieder Nachmittag. Die Sandbleche nutzten wir als Schlitten für das Getriebe, neben den Gleisen gefundene Hölzer mussten als Stütze dienen, Gurte hielten das sackschwere Teil in der richtigen Position und er Wagenheber war auch eine Riesenhilfe.

Noch bevor wir gut gelaunt zu Bett gingen, war das Getriebe ausgebaut und wir sahen zu unserer überaus großen Freude, dass „nur“ die Kupplungsscheibe beschädigt war. Der Belag der alten Kupplungsscheibe sah erstaunlicherweise nach 350000km, davon wahrlich einige im Gelände, quasi wie Neu aus. Leider waren die Aufnahmen für die Federn gebrochen. Das hieß für uns, dass wir die Karre ohne große Rennerei und Zeitaufwand wieder flott machen können. Die Druckplatte war noch ganz in Ordnung und das Ausrücklager??? … naaja, ungern, aber in anbetracht der Lage geht's schon noch. So pennten wir direkt an dem Gleißen zufrieden ein.

Jetzt kam der etwas kompliziertere Teil. Die gebrauchte Scheibe musste eingebaut werden und das sackschwere Getriebe wieder an seinen vorgesehenen Platz. Während wir schwitzend unter dem Auto lagen, nutzten die fiesen Blutsauger unsere hilflose Lage schamlos aus und nahmen sich was sie nur tragen konnten. Da wir ja nun an einem Ausweichgleis standen, schauten auch alle Zugführer und die paar vorbeikommenden Gleisarbeiter mal vorbei. Jeder hatte andere Tipps oder Meinungen über den weiteren Weg. Also auch hier war alles offen. Anscheinend waren wir Gesprächsthema Nr.1 an der BAM. Alle grüßten, freuten sich, hupten und wünschten alles Gute.

Ohne viele Hilfsmittel war es dann nach ca. 12h reiner Arbeitszeit soweit. Wir konnten unseren Trip tatsächlich fortsetzen und fuhren noch am selben Tag bis zum Fluss Kuanda, der mit der eingestürzten Brücke.



Ein kleiner nachträgliches Komentar (2014) von Claus www.roadtosomewhere.de:

„Es stimmt: Manchmal ist das Reisen echt nicht leicht, und keinesfalls mit einem normalen Urlaub zu vergleichen. Die Probleme können recht vielfältig sein. Häufig sind sie aber technischer oder bürokratischer Natur. Beides ließ sich fast immer mit genügend Aufwand, Arbeit und viel Zeit lösen.
Am Ende sind es aber genau die Schwierigkeiten und deren Überwindung, die das Salz in der Suppe ausmachen. Was wäre das Reisen ohne die Würze des Unwägbaren? Schwierigkeiten gehören dazu und ergeben ganz nebenbei auch noch super Geschichten…
Die BAM-Road war auf jeden Fall ein echtes Highlight auf unserer Reise!“

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